Künast legt Beschwerde gegen Beleidigungsurteil ein

Grünen-Politikerin will sich »auch stellvertretend für viele andere« wehren

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Die Grünen-Politikerin Renate Künast geht gegen das umstrittene Urteil des Landgerichts Berlin zu Hasskommentaren gegen sich vor. Künast werde zusammen mit der Organisation HateAid am Mittwoch Beschwerde einlegen, teilte HateAid mit. Dann muss sich das Berliner Kammergericht mit dem Fall befassen.

»Im Unterschied zum Landgericht halte ich die getätigten Äußerungen über mich keineswegs für hinnehmbar«, erklärte die ehemalige Bundesministerin. Sie wolle sich mit allen Mitteln des Rechtsstaats wehren - »auch stellvertretend für viele andere«.

Das Urteil vom 9. September hatte bundesweit für Empörung gesorgt. Die Berliner Richter ließen Kommentare bei Facebook wie »Drecks Fotze«, »Stück Scheiße«, »Schlampe« oder »Geisteskranke« zu. Künast erklärte, »als demokratische Gesellschaft dürfen wir einen solchen Umgangston nicht akzeptieren.«

Laut HateAid-Geschäftsführerin Anna-Lena von Hodenberg führte der Beschluss zu großer Verunsicherung unter Betroffenen von Hasskommentaren. In der Beratung würden viele Menschen jetzt fragen, ob es überhaupt Sinn ergebe, sich rechtlich gegen Hass im Netz zu wehren.

Auch die Mainzer Rechtsanwältin Jessica Hamed sieht die Berliner Entscheidung im Fall Künast äußerst kritisch. Sie spricht gegenüber »nd« von einem »Justizskandal, der so nicht vertretbar ist.« Deswegen hat sie Strafanzeige wegen des Verdachts der Rechtsbeugung gegen die Richter und Richterinnen gestellt, die im Fall Künast das Urteil gefällt haben.

Unter Juristen sei man einhellig der Meinung, dass eine Fehlentscheidung getroffen worden sei und die nächste Instanz den Beschluss revidieren wird. Das reicht aus Hameds Sicht allerdings nicht aus, sie fordert, die Richter müssten für diesen Beschluss »Verantwortung tragen«.

Lesen Sie auch: Klimawandel im Internet - Justizministerin will Soziale Medien verpflichten, Volksverhetzung und Mordbedrohungen zu melden

Als Strafverteidigerin sähe sie den Beleidigungsparagrafen im Strafgesetzbuch durchaus kritisch. »Man kann darüber durchaus geteilter Meinung sein, Gerichte haben sich allerdings an das geltende Recht und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu halten, in diesem Fall sehe ich eine Verletzung des Rechtsstaatlichkeitsprinzips.« AFP/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -