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Mit Gottes Hilfe in den Krieg

Nationalistische Deutschtürken unterstützen die völkerrechtswidrige Invasion in Rojava

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

»Allah, führe unsere glorreiche Armee zum Sieg.« So wurde in der vergangenen Woche in einer Ditib-Moschee im nordrhein-westfälischen Herne für die türkische Invasion in Rojava gebetet. Nur eins von vielen Beispielen. Gerade Moscheegemeinden in kleineren Orten zeigen im Internet auf Facebook oder Instagram, was sie vom Krieg der Türkei halten.

Soldaten werden als Helden gepriesen, der Angriff auf die kurdischen Gebiete religiös verklärt. Von Vertretern der Ditib in Deutschland gibt es zwar Beschwichtigungen, doch diese sind wenig glaubhaft. Auf der Internetseite der türkischen Religionsbehörde Diyanet, die Ditib ist ihr unterstellt, findet sich etwa ein Siegesgebet für den Krieg. Darin heißt es: »Mein Allah, gebe jenen keine Gelegenheit, die unseren Gebetsruf zum Schweigen bringen und unsere herrliche Fahne niederreißen wollen.« Und weiter: »Mein Allah, gebe den Verrätern, die es auf unsere Einheit, Solidarität, Heimat, unser Wohlergehen und unsere Brüderlichkeit abgesehen haben, keine Gelegenheit!«

Es sind Gebete wie diese, die zu den Ereignissen führen, die in den vergangenen Tagen aus zahlreichen Städten in Deutschland berichtet wurden. Am Rande von linken, kurdischen Demonstrationen für ein Ende des Krieges provozierten immer wieder nationalistische Deutschtürken.

In Herne waren es am Montag Grüße der faschistischen »Grauen Wölfe« und ein Flaschenwurf auf den kurdischen Protest, die die Situation eskalieren ließen. Kurdische Demonstranten attackierten nach den Provokationen ein türkisches Café. Fenster und eine Tür gingen zu Bruch. Am Donnerstag wurde eine kurdische Demonstration in Bottrop von türkischen Nationalisten mit Flaschen und Steinen beworfen. Und in Lüdenscheid kam es im Rahmen einer Mahnwache zu einer größeren Schlägerei, bei der ein türkischer Mann durch einen Messerstich verletzt wurde. Augenzeugen aus Lüdenscheid berichteten, dass die Polizei nur mit sechs Beamten vor Ort war. Diese hätten es nicht geschafft, die dauernden Provokationen gegen die kurdische Mahnwache zu unterbinden. Im Vorfeld der Kundgebung hatten nationalistische Türken schon angekündigt, diese stören zu wollen.

Auch aus weiteren Städten wurde in den vergangenen Tagen von Provokationen berichtet. »Irgendwann reicht es«, sagt Azad, ein junger Kurde aus dem Ruhrgebiet, der in der vergangenen Woche fast täglich auf der Straße war, gegenüber »nd«. »Wir haben immer Ordner dabei, die sich kümmern ,aber angreifen lassen wir uns nicht.« Es habe schon zuvor Provokationen gegeben, diese seien aber noch nie so massiv gewesen wie jetzt. Wenn ein rechter Türke am Rand stehe und den Wolfsgruß zeige, sei ihm das ziemlich egal. Solche Leute würde die Polizei wegschicken und das würde auch reichen. »Jetzt gibt es aber immer wieder direkte Angriffe, die lassen wir nicht zu.« Bei den Demonstrationen seien auch alte Menschen und Kinder dabei.

Nicht nur auf den Straßen provozieren türkische Nationalisten fleißig. Mehrere Fußballmannschaften haben sich die Nationalmannschaft zum Vorbild genommen und salutierten nach Toren und gewonnen Spielen mit dem militärischen Gruß. Allein bei drei Vereinen aus dem Kreis Recklinghausen kam es am Wochenende zur Verwendung des Militärgrußes. Der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen kündigte dagegen eine »Null-Toleranz-Politik« an. Die Betroffenen Vereine müssten sich dem Verbandssportgericht stellen. »Der Fußball lässt sich weder für Provokation noch für Diskriminierung missbrauchen«, so der für den Amateurfußball zuständige Vizepräsident Manfred Schnieders.

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