Ausschreitungen nach Wahl in Bolivien

Evo Morales konnte Abstimmung offenbar doch im ersten Wahlgang für sich entscheiden / Opposition vermutet Wahlbetrug

  • Lesedauer: 2 Min.

La Paz. In Bolivien spitzt sich die Lage nach der Präsidentschaftswahl drastisch zu: Nachdem Amtsinhaber Evo Morales doch im ersten Wahlgang gewinnen könnte, sprach Oppositionskandidat Carlos Mesa von »Betrug«. Er kündigte am Montag an, das Ergebnis nicht anerkennen zu wollen. In mehreren Städten kam es zu schweren Unruhen.

Demonstranten lieferten sich heftige Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften und setzten Gebäude in Brand, außerdem kam es zu Plünderungen, wie AFP-Reporter und örtliche Medien berichteten. In Sucre, der konstitutionellen Hauptstadt des südamerikanischen Landes, wurde der örtliche Sitz der Wahlbehörde in Brand gesetzt.

In La Paz, Potosí, Oruro, Chuquisaca und Tarija musste die weitere Auszählung der Stimmzettel unterbrochen werden. In Santa Cruz wurde eine Ausgangssperre verhängt.

Nach der Veröffentlichung von Teilergebnissen am Sonntagabend hatte alles auf eine Stichwahl zwischen dem sozialistischen Amtsinhaber Morales und seinem Rivalen Mesa hingedeutet. Laut neuen Teilergebnissen vom Montag könnte der seit 2006 regierende Morales sich aber im ersten Wahlgang durchgesetzt haben.

Die Wahlbehörden sahen den Präsidenten nach Auszählung von mehr als 95 Prozent der Stimmen bei 46,87 Prozent und Mesa bei 36,73 Prozent. Morales hätte damit bereits im ersten Wahlgang gewonnen und müsste nicht in die Stichwahl.

Für einen Sieg in der ersten Runde benötigt ein Kandidat nach bolivianischem Wahlrecht entweder mehr als 50 Prozent der Stimmen oder mehr als 40 Prozent und mindestens zehn Punkte Abstand zum Zweitplatzierten. Morales' Vorsprung liegt laut den neuesten Ergebnissen äußerst knapp über der Zehn-Punkte-Marke.

Lesen Sie hier: Morales hat den Absprung verpasst. Katharina Schwirkus über die Präsidentschaftswahlen in Bolivien.

Mesa hatte bereits im Verlauf des Montag erklärt, Morales wolle mit Hilfe der Wahlkommission »den Weg zu einer zweiten Wahlrunde versperren«. Später sprach der frühere Präsident und Zentrumspolitiker von »Betrug«. »Wir werden diese Ergebnisse nicht anerkennen.«

Bislang hatte Morales, der erste indigene Staatschef des südamerikanischen Landes, alle Präsidentschaftswahlen im ersten Wahlgang gewonnen. Seine Kandidatur für eine vierte Amtszeit ist umstritten. Boliviens Verfassung verbietet eigentlich eine vierte Amtszeit. Das oberste Wahlgericht hatte jedoch im vergangenen Dezember eine erneute Kandidatur des Amtsinhabers genehmigt.

Morales regiert das Andenland seit 13 Jahren. In einem Referendum hatte sich 2016 eine knappe Mehrheit der Bevölkerung gegen eine vierte Amtszeit von Morales ausgesprochen. Das Ergebnis des Referendums erkannte er jedoch nicht an. Das Verfassungsgericht, besetzt mit regierungstreuen Richtern, urteilte 2017, es sei sein »Menschenrecht«, erneut kandidieren zu können. Agenturen/nd

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