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NPD-Ortsvorsteher abberufen
Nach bundesweitem Aufschrei wählte Ortsbeirat im Wetteraukreis eine neue Chefin
Rund sechs Wochen nach seiner Wahl zum Ortsvorsteher im Gemeindebezirk Altenstadt-Waldsiedlung (Wetteraukreis) ist der NPD-Funktionär Stefan Jagsch seinen ehrenamtlichen Posten wieder los. Der Ortsbeirat votierte am Dienstagabend mit 7:1 Stimmen für seine Abberufung. Damit reagierten die auf den Listen von CDU, SPD und FDP gewählten Mitglieder des Gremiums, die Jagsch Anfang September gewählt hatten, auf die dadurch ausgelöste heftige Kritik.
Laut Hessischer Gemeindeordnung vertreten die gewählten Ortsbeiräte gegenüber der Stadt- oder Gemeindeverwaltung die speziellen Belange ihres Ortsteils und können sich auch zu Haushaltsfragen äußern. Sie wählen aus ihrer Mitte den Ortsvorsteher. In der Gemeinde Altenstadt gibt es sieben Ortsbeiräte.
Im September hatte CDU-Ortsbeiratsmitglied Norbert Szielasko sein Votum für den NPD-Mann Jagsch damit begründet, dass man keinen Anderen gefunden habe, die sich »mit Computern auskennt, der Mails verschicken kann«.
Doch der Druck übergeordneter Parteiinstanzen zeigte Wirkung. Und so wurde die CDU auf der Suche nach einer internetkundigen jüngeren Person fündig: Zur Nachfolgerin von Jagsch wurde die Kreisvorsitzende der Jungen Union, Tatjana Cyrulnikov (22), gewählt. Es gab nur eine Gegenstimme.
Die Sitzung lockte Fans und Gegner von Jagsch als Zuschauer an und wurde von Polizeikräften und einem Sicherheitsdienst überwacht. Jagsch, der selbst in Berichten des als rechtslastig kritisierten hessischen Verfassungsschutzes mehrfach erwähnt wird, bleibt indes gewähltes Ortsbeiratsmitglied. Er will gegen die Abberufung klagen.
Der ehemalige hessische NPD-Chef ist auch Kreistagsmitglied und nach wie vor Vizechef der Gemeindevertretung von Altenstadt. In dieses Ehrenamt war er schon im April 2016 einstimmig bei zwei Enthaltungen gewählt worden. Somit wählten damals offenbar auch Mitglieder der Grünen den Rechtsradikalen. Im Ortsbeirat Waldsiedlung sind die Grünen nicht vertreten und hatten die Ortsvorsteherwahl im September scharf kritisiert.
Unterdessen ist die CDU in Rheinland-Pfalz um Abgrenzung gegenüber der AfD bemüht: Das Bezirksparteigericht in Neustadt an der Weinstraße beschloss am Dienstag den Parteiausschluss der Kommunalpolitikerin Monika Schirdewahn. Sie war im Mai als einzige Vertreterin der CDU in den Gemeinderat Frankenstein (Kreis Kaiserslautern) gewählt worden und hatte eine Fraktionsgemeinschaft mit ihrem Ehemann gebildet, der für die AfD in das Gremium gewählt worden war. Der CDU-Kreisvorstand hatte im August ihren Ausschluss beantragt. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, da Beschwerde beim Landesparteigericht eingelegt werden kann.
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