Ein frostiger Tag, frostige Jahre
Zum Tod der Schriftstellerin Vera Friedländer
Sie hatte sich auf den Besuch gut vorbereitet. Auf dem Couchtisch in ihrem Wohnzimmer waren Dokumente und Fotos ausgebreitet, ihre jüngsten Bücher und die aktuelle nd-Ausgabe. Vera Friedländer, Shoah-Überlebende, berichtete mir, wie sie die berüchtigte »Fabrikaktion« der Nazis erlebte.
Es war ihr 15. Geburtstag, den sie gern ausgelassen mit Freundinnen gefeiert hätte - aber daran war 1943 nicht zu denken, nicht für jüdische Kinder. Man schrieb den 27. Februar. Ihr Vater brachte abends die Hiobsbotschaft von Razzien in Berlin mit: Es werde Jagd auf in »Mischehe« lebende Juden gemacht. Der Vater galt als »Arier«, Vera und ihre Mutter nach den Nürnberger Rassegesetzen von 1935 als Jüdinnen. Im Monat zuvor war bereits die Großmutter mütterlicherseits verhaftet und nach Theresienstadt deportiert worden. Ein Arbeitskollege des Vaters nahm Vera und ihre Mutter auf. Ein stiller Helfer, der gern mehr für die beiden getan hätte, wenn denn nicht s...
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