Die Wahl vor der Wahl

In Leipzigs LINKE gibt es zwei Interessenten für die Oberbürgermeisterwahl 2020

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Burkhard Jung hatte dieser Tage einen äußerst angenehmen Termin. Der Oberbürgermeister von Leipzig durfte den 600 000. Einwohner der Stadt begrüßen, einen aus Berlin zugezogenen Ex-Hallenser. So viele Menschen hatten zuletzt vor rund 70 Jahren in Leipzig gewohnt. Nach 1990 war die Zahl deutlich unter die Grenze von einer halben Million gefallen. Seit der Jahrtausendwende aber geht es mit Leipzig steil bergauf: Die Stadt gilt als attraktiv, brummt wirtschaftlich und zieht neue Einwohner in hellen Scharen an. Das bringt zwar nicht wenige Probleme: Wohnraum wird knapp, Mieten steigen, Kitaplätze sind rar. Trotzdem dürfte es viele Städte geben, in denen der Job als Rathauschef weit weniger Spaß macht.

Wer das Vergnügen nach dem Ende von Jungs aktueller Amtszeit im März 2020 hat, darüber entscheiden die Leipziger am 2. Februar. Da wird in der Stadt ein neuer Oberbürgermeister gewählt - oder, falls kein Bewerber die nötige absolute Mehrheit erringt, am 1. März in einer zweiten Runde. Einige Kandidaten stehen fest: Der 61 Jahre alte SPD-Politiker Jung strebt eine dritte Amtszeit an; der 20 Jahre jüngere Sebastian Gemkow, im Moment noch Justizminister in Sachsens Staatsregierung, will den Posten erstmals seit 1990 für die CDU gewinnen. Die Grünen stellten Katharina Krefft auf, die ebenfalls 41 Jahre alte Chefin ihrer Fraktion im Stadtrat.

Und die LINKE? Hat sich eine Wahl bereits vor der Wahl verordnet. Grund dafür ist, dass es mit Fraktionsvize Franziska Riekewald sowie dem parteilosen Anwalt Dirk Feiertag gleich zwei Interessenten für den Chefposten in der Stadtverwaltung gibt. Am 9. November muss daher auf einer Gesamtmitgliederversammlung entschieden werden, wen von beiden die Partei, die bei der Kommunalwahl im Mai mit 21,4 Prozent knapp vor den Grünen immerhin stärkste Kraft in der Stadt geworden war, für die OB-Wahl in drei Monaten aufstellt.

Am liebsten hätten die Genossen eine ganz andere Kandidatin nominiert: Skadi Jennicke, die seit 2016 Kulturbürgermeisterin ist, die Verwaltung gut kennt und in der Stadt bekannt ist. Dem Vernehmen nach hätte sie aber nur zur Verfügung gestanden, wenn Jung als ihr Chef nicht wieder angetreten wäre - etwa, wenn seine 2018 angestrebte Wahl als Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes geglückt wäre, was aber an der konkurrierenden Bewerbung eines weiteren Sachsen scheiterte.

Einen Zweikampf gibt es nun auch um die OB-Kandidatur der LINKEN. Die Bewerber repräsentieren gewissermaßen auch zwei Lager im Stadtverband, zwischen denen es immer wieder zu Spannungen kommt. Riekewalds Bewerbung wurde vom Bundestagsabgeordneten Sören Pellmann öffentlich gemacht - mit Verweis auf ein einstimmiges Votum im Stadtvorstand. Über die Kandidatur Feiertags informierte Landtagsabgeordnete Jule Nagel. Es gebe damit »eine Wahl«, das sei »demokratisch«. Bei manchen ihrer Genossen hält sich die Begeisterung über das Prozedere in Grenzen. Der Stadtverband erklärte per Pressemitteilung, es gebe ein »starkes linkes Duo« mit »gleich zwei äußerst kompetenten BewerberInnen«.

Dabei hat sich Riekewald ihre Meriten eher im parlamentarischen Betrieb erworben: Die 39-Jährige kümmert sich im Stadtrat sehr engagiert um Verkehrspolitik. Sie selbst betont, der Fachbereich sei ein »strategisches Kerngebiet« der Stadtpolitik. Daneben stehe sie für einen »überfälligen Generationswechsel an der Stadtspitze« und bringe »eine weibliche Note« ein. Sie wolle zudem den »sozialen Belangen der Stadtentwicklung« Aufmerksamkeit widmen. Das darf man auch von Feiertag erwarten. Der Jurist ist in der Stadt bekannt, weil er regelmäßig sozial Schwache in Verfahren etwa gegen Sanktionen im Zusammenhang mit Hartz IV vertritt. Er sei daneben, betont Nagel, »breit in der Zivilgesellschaft verankert«. Und er hat Erfahrung bei OB-Wahlkämpfen in Leipzig: 2013 trat er als unabhängiger Bewerber an und holte im ersten Wahlgang 6,9 Prozent. LINKE-Kandidatin Barbara Höll kam damals auf 15,3 Prozent. In Runde zwei lagen beider Ergebnisse knapp darunter; Jung siegte mit 45 Prozent.

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