Gutes Geld bei Arbeit im öffentlichen Auftrag
Berlin verlangt von Unternehmen höheren Mindestlohn - Vergabegesetz gilt für Auftragsvolumen ab 50 000 Euro
Wer in Berlin im öffentlichen Auftrag bauen oder Dienstleistungen erbringen will, muss seinen Beschäftigten auch »gutes Geld für gute Arbeit« zahlen. Das bedeutet, dass diejenigen Unternehmen, an die die öffentliche Hand in der Hauptstadt Aufträge vergibt, künftig einen Mindestlohn von rund 12,50 Euro pro Stunde zahlen werden müssen. Gelten werde dies, so soll es im neuen Vergabegesetz stehen, aber erst ab einer Größenordnung von 50 000 Euro bei Bauleistungen, beziehungsweise von 10 000 Euro bei Dienstleistungen.
Auf diese vereinheitlichten Wertgrenzen hat sich der Koalitionsausschuss aus SPD, LINKE und Grünen am Mittwoch geeinigt. Sie galten als einer der zuletzt noch umstrittenen Punkte der Novellierung. Wie dazu die Wirtschaftssenatsverwaltung auf nd-Anfrage informierte, tritt das novellierte Gesetz voraussichtlich erst 2020 in Kraft. Noch in diesem Jahr soll der rot-rot-grüne Senat das neue Vergabegesetz beschließen, anschließend muss noch das Abgeordnetenhaus darüber abstimmen.
»Wir haben unsere gemeinsamen Ziele erreicht: Mit dem Vergabegesetz haben wir ein ausgewogenes Paket aus ökologischen, sozialen und ökonomischen Kriterien. Berlin ist weiterhin Vorreiter der Konjunkturentwicklung in Deutschland«, heißt es dazu in einer Erklärung von Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). »Aufträge werden mit dem neuen Vergabegesetz einfacher und unbürokratischer aufgrund einheitlicher Wertgrenzen behandelt.«
Die Höhe des Stundenlohns orientiert sich laut Wirtschaftsverwaltung am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TVL), der Einstiegstarif liegt ab 1. Januar 2020 bei rund 12,50 Euro. Der aktuelle Vergabemindestlohn liegt bei neun Euro. Wirtschaftssenatorin Pop hatte im vergangenen Jahr zunächst eine Erhöhung auf 10,20 Euro vorgeschlagen. Im Referentenentwurf für das Gesetz vom Dezember 2018 war dann von 11,30 Euro die Rede gewesen.
In der Mitteilung stellte die Verwaltung klar, dass das wirtschaftlichste Angebot nicht unbedingt das »billigste« Angebot sein muss. »Damit stärken wir die Nachhaltigkeit und die Umwelt- und Klimaziele«, hieß es.
Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) warf der Koalition daraufhin mittelstandfeindliche Politik vor. »Die Einigung im Koalitionsausschuss auf einen Vergabemindestlohn von 12,50 Euro geht klar zu Lasten kleiner und mittlerer Unternehmen«, erklärte er. »Für sie wird es noch schwieriger, sich an öffentlichen Vergaben zu beteiligen.« Zudem würde der Berliner Vergabemindestlohn um 3,15 Euro über dem bundesweit ab 1. Januar 2020 geltenden Wert von 9,35 Euro liegen.
Das neue Gesetz werde zu noch mehr Bürokratie führen, beklagte Amsinck. »Je nach Auftraggeber muss ein Betrieb künftig den Berliner Vergabemindestlohn, den Brandenburger Mindestlohn, den bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn oder einen tariflichen Mindestlohn zahlen. Das ist alles andere als eine mittelstandsfreundliche Politik.«
Dass sieht Christian Hoßbach, DGB-Chef für Berlin-Brandenburg, anders: »Die deutliche Erhöhung des Vergabemindestlohns ist ein dringend notwendiger Beitrag der Landespolitik zu altersarmutsfesten Löhnen«, sagte er.
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