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Grüner regiert künftig Hannover

Belit Onay besiegt in der Stichwahl CDU-Bewerber - Droht der SPD die nächste Klatsche?

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Grünen in Niedersachsens Hauptstadt jubeln. Und nicht nur dort. Und nicht nur über Belit Onays aktuellen Sieg im Rathaus, sondern auch, weil die Partei mit so einem Erfolg weitere Hoffnung auf die in zwei Jahren anstehende Kommunalwahl in Hannover nachtanken kann. Belit Onay, der mit dem parteilosen CDU-Kandidaten Eckhard Scholz im ersten Wahlgang bei jeweils 32,2 Stimmenprozent gleichauf gelegen war, hat den über sieben Jahrzehnte lang im Chefbüro der Stadtverwaltung residierenden Sozialdemokraten einen Albtraum beschert: das Ende einer nicht selten arg selbstgerechten Herrschaft in den wilhelminischen Mauern der Verwaltungszentrale. Besiegelt worden war es durch den Misserfolg des SPD-Kandidaten Marc Hansmann, der im ersten OB-Wahlgang mit 23,5 Prozent eine Bruchlandung auf den dritten Platz hingelegt hatte.

Selbstgerecht herrschen will und kann Onay nicht im Rathaus, zumal ihm das die derzeitige Mehrheit des Rates verwehrt. Bei der Kommunalwahl 2016 hatte die SPD 31,3 Stimmenprozent eingefahren, der CDU waren 24,5 Prozent und den Grünen 16,3 zuteil geworden. Die LINKEN kamen seinerzeit mit 7,0, die Freidemokraten mit 5,1 Prozent ins 64-köpfige Kommunalparlament. Inzwischen lenkt in ihm ein loses Bündnis aus SPD, Grünen und FDP die Geschicke der Stadt.

Doch ab und zu knackt es im Gebälk zwischen den Partnern. Schon mehrmals drohte ein Bruch, fühlten die Grünen ihre Pläne nicht angemessen berücksichtigt. So etwa scheiterten sie mit ihrem Wunsch, mehr Sozialwohnungen zu bauen, als es die Ratsmehrheit wollte. Doch ob es bei dieser noch amtierenden Mehrheit bei der 2021 anstehenden Kommunalwahl bleibt, mag bezweifelt werden. Belit Onay hat es nun mit in der Hand, der SPD dann einen weiteren Albtraum zu bescheren: einen bitterbösen Verlust, den Genossen beigebracht von Wählerinnen und Wählern, die 73 Jahre sozialdemokratische Dominanz in Hannover und nicht zuletzt die noch immer schwelende Rathausaffäre um unrechtmäßige Gehaltszulagen gründlich satt haben.

An jener Wahl in zwei Jahren dürften erfahrungsgemäß mehr Hannoveranerinnen und Hannoveraner teilnehmen als bei einer Entscheidung über den Oberbürgermeister. So hatten 2016 nahezu 52 Prozent der Stimmberechtigten bei der Ratswahl mitgemacht, am ersten Wahlgang zum OB hatten unlängst 46,5 Prozent von rund 402 000 Berechtigten, an der Stichwahl nur 43 Prozent von ihnen teilgenommen.

Mit ihrer Mehrheit haben sie den ersten deutschen Oberbürgermeister mit türkischen Wurzeln gewählt. »Politik für alle« wolle er machen, bekräftigte er am Sonntag angesichts seines Erfolges, und »diese Stadt zusammenführen«. Die Wahl habe gezeigt, dass sich die Menschen Veränderungen in der Niedersachsenmetropole wünschen, »und für diesen Aufbruch bin ich angetreten«, so das Credo des neuen Chefs von über 11 000 Beschäftigten der Stadt Hannover, einer Kommune mit jährlich über 2,5 Milliarden Euro Haushaltsvolumen und gut 540 000 Einwohnern. Ihnen allen hat Belit Onay versprochen, sich für Klimaschutz, mehr bezahlbaren Wohnraum und eine Verkehrswende in der Stadt zu engagieren. Das heißt auch: Hannover soll fahrradfreundlicher werden als bisher. Streckenweise lässt sich dort recht gut in die Pedale treten, aber noch immer haben es die Menschen im Sattel oft nicht leicht, sich inmitten einer Kommune zu bewegen, die ihr Planer aus den 1950er Jahren, Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht, durch und durch »autogerecht« angelegt hatte.

Solche Fokussierung auf den motorisierten Verkehr ist für Belit Onay, noch ist er Landtagsabgeordneter seiner Partei, ein Relikt aus der Vergangenheit. Er möchte einen Großteil der Innenstadt autofrei gestalten, den Lieferverkehr ausgenommen. Eine Absicht, die ihm nicht nur Freunde eingebracht hat. Vermutlich haben sich Automobilisten, die sich gern - was nicht selten vonnöten ist - durch die City quälen, mit ihren Stimmen eher dem von der CDU aufgestellten Kandidaten Eckhard Scholz zugewandt. Er gratulierte Belit Onay am Sonntagabend als einer der ersten zu einer Wahl, die den Landesvorsitzenden der Grünen, Hanso Jansen, frohlocken ließ: »Uns beflügelt dieses Ergebnis, und wir werden den Schwung aus Hannover in die nächsten Wahlen mitnehmen.«

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