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Neue Wendung bei Altanschließern
Nicht bezahlte Beiträge werden doch eingetrieben. Freie Wähler bleiben dran am Thema
Mehr als zehn Jahre zieht sich der Streit um die Altanschließer in Brandenburg hin. Es geht um Grundstücke, die bereits vor dem 3. Oktober 1990 ans Trinkwassernetz beziehungsweise an die Kanalisation angeschlossen waren. Trotzdem sollten die Besitzer Anschlussbeiträge berappen - für modernere Klärwerke beispielsweise, so lautete eine Rechtfertigung.
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2015 sind diese Beiträge rechtswidrig. Sein Geld garantiert zurückbekommen hat aber nur derjenige, der einst gegen seinen Bescheid klagte oder zumindest einen Widerspruch eingelegt hatte, über den noch nicht endgültig entschieden war.
Von insgesamt 250 000 betroffenen Haushalten schauen derzeit etwa 100 000 in die Röhre. Die Freien Wähler fordern schon lange die Rückzahlung sämtlicher Beiträge. Das war neben Straßenausbaubeiträgen und Windkraftanlagen bisher ihr wichtigstes Thema, mit dem sie es geschafft haben, bei der Landtagswahl im September die Fünf-Prozent-Hürde zu meistern. Sie verlieren dieses Thema nicht aus den Augen. Für die Landtagssitzung in der kommenden Woche reichen die Freien Wähler einen Antrag ein, der auf die Rückzahlung an alle Altanschließer abzielt. Demnach soll die Landesregierung im kommenden Jahr einen Finanzierungsplan aufstellen. Die Mittel sollen dann gestreckt auf drei Jahre ausgezahlt werden.
Das erläutert Fraktionschef Péter Vida am Dienstag. Er schätzt die Kosten auf 250 bis 300 Millionen Euro und hofft, dass der Antrag nicht rundweg abgelehnt, sondern wenigstens in den Innenausschuss überwiesen wird. Dort könne man dann mit dem neuen Innenminister darüber diskutieren. Womöglich wird das der CDU-Politiker Michael Stübgen sein.
Die CDU hatte 2009 gemeinsam mit der SPD eine von der damals oppositionellen Linksfraktion vorgeschlagene Stichtagsregelung abgeschmettert, mit der sich das Problem für die Altanschließer erledigt hätte. In den vergangenen drei Jahren schwenkte die CDU jedoch um. Es schien so, als sehe sie ihren Fehler ein, bestätigt Vida. Der Schwenk der CDU sei für ihn »glaubwürdig« gewesen.
Nun wollen die Freien Wähler die CDU beim Wort nehmen und mit ihrem Antrag austesten, ab sich die Christdemokraten an ihre Versprechungen halten. Denn Vida war »enttäuscht«, dass im Koalitionsvertrag von SPD, CDU und Grünen das Wort »Altanschließer« nicht auftaucht. Dass in der Politik Kompromisse gemacht werden müssen, sieht Vida ein. Aber hier erkennt er nicht einmal den Hauch einer Kompromisslösung. »Das muss man nicht akzeptieren. Das werden wir nicht akzeptieren.«
Vida sieht eine Chance, dass die LINKE sich nun, nachdem sie wieder Oppositionspartei ist, auf ihre alte Position von 2009 besinnt. Die LINKE hatte sich in der Regierung in dieser Frage nie gegen den Koalitionspartner SPD durchsetzen können und 2013 sogar eine Verlängerung der Verjährungsfrist mitgetragen.
»Wir werden uns den Antrag ansehen«, verspricht Linksfraktionschef Sebastian Walter. Doch lässt er schon durchblicken, die LINKE bleibe dabei, dass es wahrscheinlich finanziell nicht machbar sei, alle Grundstückseigentümer auszuzahlen, die jemals Altanschließerbeiträge entrichtet haben. Soziale Härten müssten allerdings vermieden werden. »Wir wollen verhindern, dass Menschen ihre Häuser verlieren und in soziale Not geraten.«
Einige Zweckverbände haben allen Betroffenen die Beiträge erstattet; einige stellten auf ein Gebührenmodell um, bei dem gar keine Anschlussbeiträge mehr verlangt werden, sondern lediglich noch Geld für den Trinkwasserverbrauch und für die Abwasserentsorgung kassiert wird. Aus Sicht von Linksfraktionschef Walter entstehen dadurch neue Ungerechtigkeiten. Ein Mieter, der nur wenig Lohn verdient oder bloß eine schmale Rente erhält, muss dann mehr für Trink- und Abwasser bezahlen. Denn der Ausfall der Beiträge muss ausgeglichen werden. Das erhöht die Gebühren für den Wasserverbrauch. Entlastet werden dafür diejenigen, die sich ein Eigenheim leisten können. Allerdings sind auch die nicht unbedingt begütert.
Handlungsbedarf sehen die Freien Wählern nicht zuletzt wegen einer neuen Entwicklung. Es gibt Altanschließer, die keinen Widerspruch gegen ihre Bescheide eingelegt, aber auch nicht bezahlt hatten. Die Forderungen sollten jetzt eigentlich nicht mehr vollstreckt werden. Zuletzt sind laut Vida aber einige Wasser- und Abwasserzweckverbände doch dazu übergegangen, derartige Forderungen einzutreiben. Vida berichtet von einem Fall, der drei Tage vor der Landtagswahl am 1. September in den Meldungen untergegangen sei. Da habe ein Gericht eine solche Vollstreckung gestoppt. Ein Bürger hatte 31 000 Euro nicht überwiesen und sollte jetzt doch noch blechen.
Keine Hilfe kann Vida von den Grünen erwarten. Die winken ab.
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