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»Wir haben andere Dinge zu tun«
Bundesgeschäftsführer Thomas Willms zum Verlust der Gemeinnützigkeit der Bundesvereinigung der VVN-BdA
Die VVN-BdA besteht aus Landesverbänden und der Bundesvereinigung. Letztere hat nun die Gemeinnützigkeit verloren. Welche Folgen hat das für die Bundesvereinigung und müssen die Landeverbände auch mit sofortigen Konsequenzen rechnen?
Für die Bundesvereinigung ist es erst einmal eine finanzielle Angelegenheit, wir müssen Steuern nachzahlen. Wir haben einen Bescheid bekommen über die Jahre 2016 und 2017, der für 2018 steht noch aus, der für 2019 sowieso. Für 2020 aber haben wir eine Vorausberechnung erhalten. Insgesamt sind das Summen - wir sind ja nicht gerade reich -, die uns in erhebliche Bedrängnis bringen. Wenn das alles so kommt, dann geht das nicht gut aus.
Sie sagten erst einmal, was folgt noch?
Als Verein, der nicht gemeinnützig ist, wären wir praktisch davon ausgeschlossen, Drittmittel zu erhalten. Wenn man Fördergelder beantragen will bei staatlichen Programmen - nicht, dass wir da was bekämen - oder auch bei Stiftungen, ist die Gemeinnützigkeit eine Grundvoraussetzung. Kann man diese nicht vorweisen, hat sich die Sache erledigt. Das gilt ganz ähnlich auch, wenn es darum geht, öffentliche Räume etwa in Rathäusern zu einem Preis nutzen zu können, der für uns erschwinglich ist.
Und die Landesverbände?
Das sind eigenständige Vereine, die nicht betroffen sind - solange sie nicht selbst einen entsprechenden Bescheid wie die Bundesvereinigung erhalten. Parallel zu uns hat die Landesvereinigung in Nordrhein-Westfalen beim Finanzamt Oberhausen-Süd dieselbe Prozedur durchlaufen wie wir - nur mit einem anderen Ergebnis, sie ist weiterhin gemeinnützig. Berlin und Oberhausen haben auf derselben Rechtsgrundlage gegensätzliche Entscheidungen getroffen, das kann doch so nicht sein.
Die Entscheidung wurde mit Hinweis auf die Erwähnung der bayerischen VVN-BdA im Landesverfassungsschutzbericht als linksextrem gefällt. Wie ist die Situation der dortigen Landesvereinigung im Moment?
Die ist auch nicht gemeinnützig, eine Klage gegen die Erwähnung im VS-Bericht hatte keinen Erfolg. Bayern ist das einzige Bundesland, das die VVN-BdA im Verfassungsschutzbericht erwähnt, mit weitreichenden Konsequenzen, wie man sieht. Aber selbst dort nennt man uns nicht »extremistisch«, sondern »linksextremistisch beeinflusst«.
Befürchten Sie eine Signalwirkung der Berliner Entscheidung?
Das ist durchaus möglich, können wir aber nicht wissen. Es ist aber laut Abgabenordnung so, dass, wenn ein Verein in einem einzigen Bundesland im Verfassungsschutzbericht steht, dann kommen alle anderen Gliederungen des Vereins mit in den Schwitzkasten - zusätzliche mit Beweislastumkehr. Das heißt, wir müssen vollumfänglich beweisen, dass die aufgestellten Behauptungen falsch sind. Das läuft nach dem Motto: Beweise, dass du keine Hexe bist.
Es gibt vehemente Proteste aus Teilen der Politik, von Verbänden von Holocaust-Überlebenden und Vereinen, denen das gleiche Schicksal drohen könnte. Wie wollen, wie können Sie sich jetzt gegen die Entscheidung wehren?
Wir sind gerade dabei, Widerspruch gegen den Bescheid einzulegen, je nach Ausgang würde dann der Rechtsweg folgen. Das kann aber Jahre dauern und es besteht die Gefahr, dass man sich in dem auch kostspieligen Prozess völlig aufreibt. Allein, dass man sich jetzt mit solchen Dingen beschäftigen muss, ist schon ein schwerwiegender Schaden für unsere Arbeit. Wir haben andere Dinge zu tun. Im Übrigen glauben wir an die Demokratie, und dass Proteste etwas bedeuten müssen. Wenn der Widerspruch gegen diese große Ungerechtigkeit immer lauter und sichtbarer wird, können wir hoffentlich so weitermachen wie vorher ...
... und gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus angehen. Allenthalben gibt es Aufrufe, sich gegen Menschenfeindlichkeit zu engagieren, zuletzt wieder ganz massiv nach dem Terroranschlag in Halle.
Gleichzeitig bastelt der Bundesfinanzminister Olaf Scholz an einer Gesetzesänderung, die die politische Aktivität von Vereinen noch weiter beschneiden würde. Wenn zum Beispiel ein Fußballverein eine Aktion gegen Rassismus macht, könnte das dann womöglich schon zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen - so würde derartiges Engagement praktisch unmöglich gemacht werden. Aufrufe, etwas gegen Rechtsextremismus zu unternehmen, höre ich schon mein Leben lang. Entscheidend ist aber nicht, was verlangt, sondern was getan wird.
Den Worten müssten Taten folgen.
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