Talfahrt in Bayerns Autobranche

Einsparkurs und Stellenabbau bei Audi und BMW - Protest von Arbeitern bei Zulieferern

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 4 Min.

Der digitale Wandel und die Umstellung auf den Elektroantrieb erreichen jetzt auch die Werkbänke der Autobauer in Bayern. Nachdem Audi am Dienstag den Abbau von 9500 Arbeitsplätzen in Deutschland angekündigt hatte, verkündete BMW jetzt der Belegschaft ein Sparpaket. Betriebsbedingte Kündigungen soll es bei beiden Unternehmen nicht geben, aber die Verträge von Zeitarbeitern werden wohl nicht mehr in Festanstellungen münden. Mit den Maßnahmen wollen Audi und BMW den Umstieg auf das Elektroauto meistern.

Für den Audi-Hauptstandort im oberbayerischen Ingolstadt war die Ankündigung ein Paukenschlag. Während demnach bis 2025 rund 9500 der insgesamt rund 61.000 Arbeitsplätze wegfallen sollen, werden aber auch bis zu 2000 Spezialisten für E-Mobilität und andere Zukunftsfelder eingestellt. Der Stellenabbau solle sozialverträglich gestaltet werden, über normale Fluktuation und Vorruhestandsprogramme. Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben, die Beschäftigungsgarantie für die verbleibenden Mitarbeiter in den Werken Ingolstadt und Neckarsulm wird von 2025 bis 2029 verlängert. Die VW-Tochter will Kosten von rund sechs Milliarden Euro einsparen - das Geld soll in die Elektrifizierung und Digitalisierung fließen. Zudem soll dadurch die Zielrendite von neun bis elf Prozent abgesichert werden.

Das Unternehmen steht durch den Dieselskandal seit längerem unter Druck. Auf das Sparprogramm hatten sich Audi und der Betriebsrat nach längeren Verhandlungen geeinigt, bei denen auch über die Kürzung von Kapazitäten in den Werken gesprochen wurde. Das Werk im baden-württembergischen Neckarsulm, wo die Audi-Modelle A4 bis A8 gebaut werden, ist seit Jahren nicht ausgelastet.

Bei BMW mit seinen Werken unter anderem in München und Dingolfing vollzieht sich der Sparkurs ohne Stellenabbau, dafür geht der Autobauer seinen Mitarbeitern an den Geldbeutel. So soll ab dem kommenden Jahr die Erfolgsprämie um knapp 20 Prozent gekürzt werden, wie das Unternehmen am Mittwoch nach einer Betriebsversammlung mitteilte. Dieses Jahr zahlte das Unternehmen 9175 Euro pro Person. Zudem werden die Erfolgsprämie und das Weihnachtsgeld für Arbeitnehmer mit 40-Stunden-Vertrag künftig auf Basis einer 35-Stunden-Woche ausbezahlt.

»Damit können wir auf drastische Maßnahmen verzichten, die andere gerade ergreifen, um ihre Kosten zu senken«, sagte BMW-Chef Oliver Zipse. Gesamtbetriebsratschef Manfred Schoch betonte, die »einzigartige Erfolgsbeteiligung« bei BMW habe langfristig abgesichert werden können. Dafür habe die Arbeitnehmervertretung in sechs Verhandlungen »intensiv« gerungen.

Zudem sei es gelungen, einen dividendenabhängigen Altersbaustein einzuführen. Das sei einmalig in der Autoindustrie. Pro Cent Dividende sollen demnach 2,40 Euro in die Altersvorsorge der Arbeitnehmer fließen. Diese Regelung ist gedeckelt bei einer Dividende von fünf Euro. Bislang zahlt BMW zehn Prozent der Erfolgsprämie in die Altersvorsorge ein. Die Regelungen betreffen laut einer Unternehmenssprecherin knapp 90.000 Beschäftigte. Weltweit arbeiten 134.000 Menschen für BMW.

Die Autobauer sind freilich nicht die einzigen, die auf den digitalen Wandel und die Klimaschutzanforderungen nicht vorbereitet sind. »Knapp die Hälfte der Betriebe hat keine oder keine ausreichende Strategie zur Bewältigung der Transformation«, warnte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, bereits vor einigen Monaten. Betriebe und Beschäftigte müssten sich auf neue Qualifikationen und zum Teil auch neue Geschäftsmodelle einstellen. »Wenn sich die Unternehmen weiterhin so defensiv verhalten, spielen sie Roulette mit der Zukunft der Beschäftigten«, so der Gewerkschafter.

In einem Transformationsatlas hatte die IG Metall eine Bestandsaufnahme zur Digitalisierung und zum ökologischen Wandel auf der Basis von Daten aus knapp 2000 Betrieben mit rund 1,7 Millionen Beschäftigten versucht. Demnach gehen Betriebsräte und Vertrauensleute davon aus, dass die Arbeit in der Fertigung und Montage, in der Verwaltung und Logistik sowie in der Technischen Kundenbetreuung von der Digitalisierung massiv betroffen sein wird. 57 Prozent der Beschäftigten in den beteiligten Betrieben üben Tätigkeiten aus, die durch die Digitalisierung gefährdet sein könnten.

Am Mittwoch gingen derweil im nordbayrischen Schweinfurt über 3000 Beschäftigte von Autozulieferern für die Sicherung ihrer Arbeitsplätze auf die Straße. Die Arbeitnehmer waren einem Aufruf der IG Metall unter dem Motto »Sicherheit in unsicheren Zeiten« gefolgt. Die Beschäftigten sorgen sich, dass die gegenwärtige Struktur- und Konjunkturkrise in der Autoindustrie genutzt werde, um Arbeitsplätze abzubauen, so Peter Kippes, der 1. Bevollmächtigte der IG Metall in Schweinfurt.

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