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»Alle müssen sich hinter dem neuen Führungsteam versammeln«
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis fordert nach dem Sieg von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans einen baldigen Ausstieg aus der Großen Koalition
Was bedeutet der Sieg von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans bei der Mitgliederbefragung für die nahe Zukunft der SPD?
Erst einmal, dass die Partei kein »Weiter so« will. Die inhaltlich wichtigen Entscheidungen werden auf dem Bundesparteitag am Wochenende getroffen. Wir, das Forum Demokratische Linke 21, werden uns in wesentlichen Punkten wie z.B. Schuldenbremse, Sanktionen bei Hartz IV, Waffenexporten und anderen Punkten klar aufstellen. Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken haben bei den Parteilinken einige Erwartungen geweckt. Nach diesem schönen Erfolg bei der Mitgliederbefragung wird es nun in die inhaltliche Auseinandersetzung gehen.
Welche inhaltlichen Anträge werden Sie auf dem Parteitag stellen?
Wir haben ein Sozialstaatspapier ausgearbeitet und wollen uns zu Hartz IV positionieren. Unsere wichtigen Themen sind oben bereits genannt. Es wird also um die Überwindung der Schuldenbremse und Schwarzen Null, die starke Kontrolle von Waffenexporten, aber auch um die Stärkung der Arbeitsgemeinschaften gehen.
Was sind Ihre konkreten Forderungen zu deutschen Waffenexporten?
Entscheidungen hierzu sollten vom Bundestag getroffen werden und nicht von einem geheim tagenden Gremium wie dem Bundessicherheitsrat. Die Exporte in Krisengebiete, die auf früheren Entscheidungen basieren, müssen gestoppt werden. Es muss möglich sein, solche Lieferungen zu verbieten.
Der Vorsitzende der Jusos, Kevin Kühnert, hat bereits einen Antrag angekündigt, die Hartz-IV-Sanktionen komplett abzuschaffen. Werden Jusos und die DL 21 bei diesem Thema zusammenarbeiten?
Ja. Wir werden aber noch einen Schritt weiter gehen. Hartz IV muss überwunden werden. Der nächste Schritt muss sein, das Arbeitslosengeld I wieder für alle arbeitslos gewordenen Menschen an die Beschäftigungsdauer und das Lebensalter zu koppeln.
Neben inhaltlichen Fragen geht es auch um strategische Aspekte. Die beiden designierten Vorsitzenden wollen die Bundesregierung nicht sofort verlassen, sondern den Koalitionsvertrag mit der Union nachverhandeln. Ist das aus Ihrer Sicht ein guter Ansatz?
Ich habe da immer eine andere klare Sprache gewählt. Wenn Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans jetzt womöglich mit CDU und CSU nachverhandeln wollen, ist das eventuell eine weichere Formulierung für das Ziel. Für mich ist klar, wir müssen raus aus der Großen Koalition. Sonst wird die SPD sich nicht erneuern können. Die Erneuerung werden wir uns hart erarbeiten müssen. Wir brauchen sicher etwas länger, um uns wieder zu berappeln. Der Austritt aus der Großen Koalition wäre in meinen Augen der erste wichtige Schritt. Was die politischen Inhalte angeht, bin ich mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans einer Meinung.
Wird die DL 21 also auf dem Parteitag einen Antrag stellen, dass die SPD sofort die Große Koalition verlassen soll?
Wir werden uns sicherlich in diese Richtung äußern. Erst einmal werden wir aber abwarten, wie der Antrag aussehen wird, der die Zwischenbilanz der Großen Koalition beinhaltet.
Wäre die SPD denn gut auf Neuwahlen vorbereitet, wenn die Große Koalition platzen sollte? Man braucht dafür ja auch ein Wahlprogramm und Spitzenkandidaten.
Auf dem kommenden Parteitag müssen wir den Wählerinnen und Wählern klar machen, wofür die SPD steht. Das Schielen auf die nächsten Wahlen tut uns nicht gut. Ich habe den Eindruck, dass wir einen großen Bedarf haben, die inhaltliche Debatte in der Partei zu führen. Wir müssen uns nun auf diesen Prozess konzentrieren.
Was erwarten Sie jetzt von der Bundestagsfraktion? Dort wird sicherlich auch bald über das neue Spitzenduo diskutiert.
Vor dem Bundesparteitag haben wir keine Fraktionssitzung. Danach sind die wichtigen Entscheidungen getroffen worden. Ich erwarte, dass sich dann alle hinter dem neuen Führungsteam versammeln werden.
Wie würden sie Ihren Kontakt mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans beschreiben? Sind sie in einem regelmäßigen Austausch?
Wir haben auch aufgrund der Regionalkonferenzen vor dem Mitgliedervotum einen guten Kontakt. Natürlich werden wir den auch weiterhin suchen.
Sie wollten eine Zeit lang gemeinsam mit dem Gewerkschafter Dierk Hirschel selber Vorsitzende der SPD werden, haben dann aber zurückgezogen...
... weil wir einen Versuch unternommen hatten, dass sich alle linken Duos auf ein Kandidatenduo einigen. Das ist nicht gelungen. Dann haben Dierk Hirschel und ich konsequent gesagt, dass wir zurückziehen, damit sich die Stimmen der linken Basis wenigstens auf weniger Duos konzentrieren.
Wollen Sie nun für einen Sitz im SPD-Vorstand kandidieren?
Jetzt sind erst einmal die Stimmen für den Parteivorsitz ausgezählt worden. Die weiteren Fragen werden im Laufe der Woche diskutiert. Ich glaube, solche Kandidaturen müssen sich entwickeln. Wir werden sehen.
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