Gerechtigkeit gegen Greise

Erst seit einer Neubewertung durch die Justiz können SS-Wachleute für ihren bloßen Dienst wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden

Ein 93-Jähriger muss sich vor der Jugendstrafkammer verantworten. Das scheinbare Paradox erklärt sich aus einer über viele Jahrzehnte in der Bundesrepublik gepflegten Rechtsprechung. Als der in Hamburg angeklagte Bruno D. 1944 als Wachmann ins KZ Stutthof kam, war er 17 Jahre alt. Und ein langes Leben lang hatte er praktisch nichts zu befürchten. Über Jahrzehnte konnte er sich seiner Freiheit erfreuen, weil ihm keine persönlich begangenen Straftaten nachzuweisen waren und deshalb entsprechende Ermittlungen nicht erfolgten.

Seit 1960 konnten ohnehin nur noch Straftaten verfolgt werden, die als Mord beziehungsweise Beihilfe zu bewerten sind. Alle anderen Verbrechen waren zu diesem Zeitpunkt verjährt, der Gesetzgeber versäumte eine Verlängerung der Fristen bei Delikten wie etwa Körperverletzung mit Todesfolge oder anderen typischen Verbrechen. Hingegen wurden die Verjährungsfristen bei Morddelikten mehrfach verlängert und 1979 schlie...


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