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- Kinderheim Bad Freienwalde
Heimkinder rehabilitiert
Das Landgericht Frankfurt (Oder) rehabilitierte jetzt mehrere ehemalige Insassen des umstrittenen Kinderheims in Bad Freienwalde
Ehemalige Insassen des Durchgangsheims in Bad Freienwalde (Märkisch-Oderland) sind nach jahrelangem Rechtsstreit vom zuständigen Landgericht Frankfurt (Oder) rehabilitiert worden. Das Gericht habe in Rehabilitationsverfahren Grundsatzentscheidungen getroffen, sagte ein Sprecher am Montag. Diese seien Ausgangspunkt für weitere mögliche Verfahren, wenn es etwa um eine Haftentschädigung und eine Opferrente gehe.
In einem alten Gefängnis in Freienwalde war von 1968 bis 1987 ein Durchgangsheim untergebracht. Für die neue Bestimmung erfolgte damals kein Umbau. Deshalb war das Areal durch eine Mauer abgeschottet. Kinder und Jugendliche schliefen jeweils zu viert in einer Zelle, die sich von innen nicht öffnen ließ. Damit sie nachts ihre Notdurft verrichten konnten, stand ein Kübel im Raum. Die kleinen Fenster blieben vergittert. Eigentlich sollten die Heranwachsenden maximal 18 Tage dort bleiben. Da Heimplätze knapp waren, dauerte es jedoch teilweise bis zu sechs Monate und länger, die Kinder und Jugendlichen in einem regulären Heim unterzubringen. Wegen dieser Zustände wird das Durchgangheim von ehemaligen Insassen als Kindergefängnis bezeichnet.
In der Stadt stößt diese Bezeichnung allerdings auf Ablehnung. So sagte Bürgermeister Ralf Lehmann (parteilos) erst kürzlich, er könne sich nicht vorstellen, dass die Kommune am Bahnhof ein Hinweisschild »Kindergefängnis« aufstellt.
Einige Heimkinder hatten bereits ihre Rehabilitation durchgesetzt. Nun folgten weitere Fälle. »Wir sind alle überglücklich, dass unsere Unterbringung im Kindergefängnis jetzt endlich als Unrecht anerkannt wird«, sagte Roland Herrmann vom 2012 gegründeten Verein »Kindergefängnis Bad Freienwalde«. Er ergänzte: »Das ganze Prozedere ist allerdings kein Ruhmesblatt für die Bundesrepublik Deutschland. 30 Jahre sind seit dem Mauerfall vergangen, bis wir endlich rehabilitiert wurden.« Ausdrücklich dankte Herrmann Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), dem ehemaligen Justizminister Stefan Ludwig (LINKE) und der Ex-Landtagsabgeordneten Heide Schinowsky (Grüne). »Sie haben ihr Versprechen gehalten, uns jederzeit zu unterstützen.« Mit dpa
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