Nazi-Kundgebung nach Gewalttat in Pfarrhaus

Kirchgemeinde wehrt sich gegen rechte Instrumentalisierung / Friedensgebet im erzgebirgischen Aue

  • Lesedauer: 2 Min.

Aue. Nach der gewaltsamen Auseinandersetzung an Heiligabend in einem Pfarrhaus im erzgebirgischen Aue sind rund 500 Menschen zu einem ökumenischen Friedensgebet in der St.-Nicolai-Kirche der Stadt zusammengekommen. Auf dem Altmarkt von Aue versammelten sich am Samstagnachmittag nahezu zeitgleich mehr als 1000 Menschen zu einer Kundgebung, um gegen angebliche »Überfremdung und deren Auswirkung« zu demonstrieren. Aufgerufen hatte dazu unter anderem die örtliche NPD. Unter anderem waren Plakate der rechten Vereinigung »Pro Chemnitz« und der extrem rechten Partei »Der Dritte Weg« zu sehen.

Anlass für die Nazi-Kundgebung und das Friedensgebet war eine Gewalttat bei einer Weihnachtsfeier für Bedürftige und Einsame im Pfarrhaus der Kirchgemeinde St. Nicolai. Dabei wurde ein 51-jähriger Helfer der Kirchgemeinde, der einen Streit zwischen Migranten schlichten wollte, durch einen Messerstich schwer verletzt. Ein 53-jähriger Syrer sitzt als Tatverdächtiger in Untersuchungshaft. Gegen weitere wird ermittelt. Nach einer Notoperation in der Nacht zu Mittwoch befindet sich der 51-Jährige laut Kirchgemeinde wieder auf dem Weg der Besserung. Zwei weitere Menschen wurden leicht verletzt.

Auf ihrer Homepage warnte die evangelisch-lutherische Gemeinde St. Nicolai vor einer Instrumentalisierung der Tat. »Wir verwahren uns dagegen, diese Straftat zum Anlass zu nehmen, alle Fremden als potenzielle Gewalttäter zu betrachten«, heißt es in der Erklärung: Der schrecklichen Tat stünden zahllose gute Erfahrungen mit Migranten entgegen.

Oberlandeskirchenrat Burkart Pilz erklärte als Gebietsdezernent der Landeskirche: »Gewalt gegenüber Menschen, die helfen wollen, ist besonders erschütternd.« Er hoffe, dass Polizei und Gerichte Täter und Hergang schnell ermitteln. Gewalt lasse sich aber nicht mit Gewalt, Herabsetzung oder billigen Parolen überwinden. Kirchgemeinden würden auch künftig den Frieden suchen, aufhelfen, ermutigen, trösten und helfen. »Auch und gerade gegenüber Migranten«, betonte Pilz. epd/nd

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