Für Blitz und Donner gewappnet

Polizei und Feuerwehr in der Silvesternacht im Großeinsatz - an drei Orten gilt Böllerverbot

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 5 Min.

In Berlin läuft der Countdown für die große Silvestersause. Mit der schrittweisen Sperrung der Partymeile an der Straße des 17. Juni und dem offiziellen Verkaufsbeginn für allerlei Feuerwerkskörper am Samstag ist der in die heiße Phase getreten. Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte haben ihre Einsatzpläne aktualisiert und alle verfügbaren Personalreserven mobilisiert, um die Herausforderungen der »Nacht der Nächte« zu meistern.

Konkret geht es um die Zeit zwischen dem 31. Dezember, 19 Uhr und dem 1. Januar, 6 Uhr, in der erfahrungsgemäß übermäßiger Alkoholgenuss und unsachgemäße oder gar missbräuchliche Anwendung von Pyrotechnik die Einsatzdichte stark ansteigen lassen. Und es geht um Gewalt gegen Einsatzkräfte, der sich Polizisten, Rettungssanitäter aber auch Feuerwehrleute in wachsenden Maße ausgesetzt sehen. Insgesamt 70 Einsätze gab es in der Silvesternacht 2018/2019 wegen nicht sachgemäßen Umgangs mit Böller und Raketen oder deren Verwendung als Waffe, wie Landesbrandmeister Karsten Homrighausen am Freitag auf der Pressekonferenz der Berliner Feuerwehr erinnerte. 49 Übergriffe hätten damals Einsatzkräften gegolten, in 34 Fällen seien sie mit Feuerwerkskörpern beworfen oder gar beschossen worden.

Mit »Welcome 2020« findet in diesem Jahr am Brandenburger Tor bereits die 25. große Hauptstadt-Silvesterparty statt. Nach Veranstalterangaben wird damit gerechnet, dass dort rund 60 000 Menschen miteinander feiern und gemeinsam das neue Jahr begrüßen werden. Ganz vorbildhaft ohne jedwede private Böllerei - denn die Partymeile ist Berlins »älteste« und, wie Homrighausen betonte, »zentrale Böllerverbotszone«, wobei die Besucher durch ein prächtiges Höhenfeuerwerk über ihren Köpfen entschädigt werden. Das Verbot wird dort seit Jahren rigoros mit Einlass- und Taschenkontrollen durchgesetzt, das Mitbringen von Feuerwerkskörpern aber auch von Glasflaschen und anderen gefährlichen Gegenständen in die Partyzone ist untersagt.

In diesem Jahr gelten jedoch erstmals zwei weitere große Verbotszonen für Feuerwerk. Nach geradezu bürgerkriegsähnlichen Zuständen unter Missbrauch von - oft illegal eingeführten - Feuerwerkskörpern und sogar Schreckschusswaffen rund um den Jahreswechsel und auch in jüngster Vergangenheit hat die Berliner Polizei Böller und Raketen auch vom Alexanderplatz und aus dem Gebiet rund um die Pallasstraße im Schöneberger Steinmetzkiez verbannt. Mit dieser Maßnahme wollen die Ordnungskräfte verhindern, dass abermals Gruppen junger Männer Polizisten und Feuerwehrleute mit Böllern und Raketen angreifen. Mit einer Informationskampagne hatte die Berliner Polizei ihre Präventionsmaßnahmen angekündigt und dazu in den vergangenen Wochen 1200 Informationszettel rund um den Alexanderplatz und 400 in Schöneberg verteilt

Insgesamt 140 Polizeibeamte sollen in beiden Gebieten die Durchsetzung der Verbote kontrollieren. Die Polizei kündigte an, Feuerwerkskörper notfalls »mit Zwang« zu beschlagnahmen. Das Verbot gilt für Raketen, Sonnen und Feuerräder, Fontänen, Chinaböller, Feuertöpfe, Feuerwirbel und Bengalfackeln. Erlaubt seien nur Wunderkerzen, Tischfeuerwerke und Knallerbsen. In den entsprechenden Straßen dürfen die Menschen keine Feuerwerkskörper mit sich führen.

Im rbb-Inforadio verteidigte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Freitag die Maßnahmen gegen Kritik. In den Verbotszonen könne die Polizei schon so am frühen Silvesterabend vorbeugend aktiv werden und beispielsweise gefährliche Böller aus dem Verkehr ziehen. Man habe nichts gegen Feiern. »Aber in dem Augenblick, in dem ganz bewusst auf Rettungskräfte oder auf Polizisten geschossen wird, oder ganz bewusst Feuerwerkskörper eingesetzt werden, um Menschen zu verletzen, müssen wir eingreifen«, so Geisel.

»Berlins Feuerwehr wendet sich zu Silvester mit der zentralen Bortschaft ›Gebt aufeinander acht!‹ an die Menschen in dieser Stadt, an Einwohner, deren Gäste und an die Touristen«, erklärte Landesbrandmeister Homrighausen. Und wer sich bewusst dafür entscheide, privat zu böllern, der solle unbedingt darauf achten, das »richtige Feuerwerk« zu kaufen und es verantwortungsbewusst einsetzen. Unter Hinweis auf Sicherheitstipps, nachzulesen auf der Website www.berliner-feuerwehr.de, forderte er die Berliner auf, ausschließlich Feuerwerk, das von einer der 13 europaweit zugelassenen Prüfstellen freigegeben wurde und so gekennzeichnet ist, im Fachhandel zu kaufen. »Illegales Feuerwerk ist lebensgefährlich«, so Berlins oberster Feuerwehrmann.

Dafür, dass die Berliner und ihre Gäste möglichst unbeschwert und in Sicherheit ins neue Jahr feiern können, bietet die Feuerwehr in den elf entscheidenden Stunden der Silvesternacht insgesamt 1463 Einsatzkräfte auf - fast dreimal soviel wie in gewöhnlichen Nächten. Laut Vorplanung befinden sich darunter 863 Berufsfeuerwehrleute und 467 Angehörige von Freiwilligen Feuerwehren aber auch zahlreiche Unterstützungskräfte des Arbeiter-Samariter-Bundes, der Bundeswehr, des Deutschen Roten Kreuzes, der Johanniter Unfallhilfe, des Medizinischen Hilfsdienstes und des Technischen Hilfswerkes auf. Ihnen stehen 448 Einsatzfahrzeuge zur Verfügung. Die Leitstelle arbeitet mit verstärkter Besatzung, für den Notruf sind zusätzliche Annahmeplätze geschaltet. Und natürlich hat die Feuerwehr in dieser Nacht ihre Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit beim Großevent »Welcome 2020« am Brandenburger Tor verstärkt. Neben einer Koordinierungsstelle am Platz des 18. März werde man zwei temporäre Feuerwachen - am Großen Stern und am Jakob-Kaiser-Haus des Bundestages - einrichten. Das DRK ist mit sechs Unfallhilfsstellen auf der Partymeile präsent. Die Laternen dort seien sichtbar nummeriert worden, um so Betroffenen zu ermöglichen, die Rettungskräfte schnell und zielsicher vor Ort zu dirigieren, so Homrighausen.

Wie wichtig es ist, Löscheinheiten und Rettungskräfte schnell zum Einsatzort zu bringen, zeigte sich auch in der Silvesternacht 2018/2019. Bei insgesamt 1448 Einsätzen ging es unter anderem um 446 Brände sowie 940 Rettungseinsätze. Allein durch Pyrotechnik seien 36 Personen zum Teil erheblich verletzt worden.

Nicht zuletzt aus diesem Grunde werde die Berliner Feuerwehr in der bevorstehenden Silvesternacht Angriffen auf Einsatzkräfte entschieden entgegentreten. »Wir werden weiterhin die von mir ausgegebene Strategie der Null-Toleranz verfolgen«, sagte Landesbrandkoordinator Karsten Homrighausen. Jeder gemeldete Fall werde zur Anzeige gebracht und im Zweifelsfall bis zu einer Verurteilung verfolgt. Dazu stehe die Feuerwehr in engem Kontakt mit der Polizei. Inwieweit die Verbotszonen zu einer Beruhigung der Lage beitragen, lasse sich erst nach Silvester klären, so Homrighausen. »Die Nacht wird zeigen, ob es Verdrängungseffekte gibt und an anderen Stellen Pyrotechnik als Waffe eingesetzt wird.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.