Wahl- und Machtkampf im US-Senat

Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump begann mit giftigem Parteienzwist

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Schon vor Beginn des Amtsenthebungsverfahrens gegen Donald Trump im Senat zeigte sich am Dienstag in Washington die Linie, die der beklagte Präsident und seine Republikaner verfolgen: Das Impeachment - erst das dritte in der 244-jährigen Geschichte der USA - soll ein kurzer Prozess und wenn sich das nicht verwirklichen lässt, eine Nacht-und-Nebel-Aktion unter Ausschluss der Öffentlichkeit werden. Mitch McConnell, einflussreicher Führer der Republikaner, die mit 53 Sitzen die Mehrheit in der 100-köpfigen Kongresskammer haben, gab in einer Resolution vor Beginn zu verstehen, dass die Partei den Prozess im Eiltempo durchzuführen gedenkt.

Zeitdruck für Trump

Trump belastende Zeugen sollten am Auftritt gehindert und, falls nicht möglich, in die Nachtstunden in geschlossene Sitzungen platziert werden. Die Republikaner hofften so, den Prozess mit einem Freispruch für den Präsidenten zu beenden, damit dieser bereits seinen für den 4. Februar im Kongress geplanten Bericht zur Lage der Nation frei vom Makel eines laufenden Impeachment erstatten kann. Soweit der Plan.

Die Demokraten, die die Anklage in der ersten Kammer des Kongresses, dem Repräsentantenhaus, auf den Weg gebracht hatten, wollten ihn vereiteln. Weithin vergeblich. Mit der Mehrheit der Republikaner beschloss der Senat in der Nacht zu Mittwoch eine Resolution zu Verfahrensregeln, ebenfalls von McConnell vorgelegt. Danach erhalten zunächst die Vertreter der Anklage (Demokraten) und der Verteidigung (Republikaner) jeweils bis zu 24 Stunden für ihre Eröffnungsplädoyers, verteilt auf drei Tage. Sodann haben die Senatoren Gelegenheit, schriftlich Fragen zu stellen und erst dann - nächste Woche - soll über die Vorladung weiterer Zeugen abgestimmt werden.

Verfahrensfragen strittig

Dem vorausgegangen war ein 13-stündiges Tauziehen um Verfahrensfragen: Welche Dokumente sollen beigezogen, welche Zeugen zugelassen werden? Anträge der Demokraten, Unterlagen des Weißen Hauses und mehrerer Ministerien mit Bezug zur sogenannten Ukraine-Affäre sowie Zeugen wie den früheren, von Trump entlassenen Sicherheitsberater John Bolton zuzulassen, wurden von der stets geschlossen stimmenden Republikaner-Mehrheit wieder und wieder abgewiesen. Die Demokraten reagierten scharf, aber erfolglos. Adam Schiff, früherer Staatsanwalt und Anklagevertreter des Repräsentantenhauses, nannte es widersinnig, wichtige Zeugen oder Beweismittel erst am Ende einzubeziehen. Dokumente, die das Weiße Haus zurückhalte, belegten: »Der Präsident hat Recht gebrochen.« Zudem hänge ein Impeachment von Zeugen ab, die im Senat aussagen. Die Vorwürfe seien »die schwerwiegendsten, die je gegen einen Präsidenten erhoben wurden«, so Schiff. Werde er dafür nicht amtsenthoben, mache ihn das zum Monarchen, »also exakt zu jenem Übel, das zu verhindern unsere Verfassung geschaffen wurde«.

Schwindel oder Verfassungsbruch

Die Demokraten hatten im Dezember mit ihrer Mandatsmehrheit im Repräsentantenhaus zwei Anklagen gegen Trump verabschiedet - Machtmissbrauch und Behinderung des Kongresses. Sie werfen ihm vor, den ukrainischen Präsidenten Selenski im Telefonat am 25. Juli 2019 zu einer Schmutzkampagne gegen Trumps innenpolitischen Wahlrivalen Joe Biden gedrängt zu haben. Nach Zeugenaussagen hochrangiger Diplomaten und Beamter soll der Präsident zudem die Bereitstellung einer US-Militärhilfe von knapp 400 Millionen Dollar davon abhängig gemacht haben, dass Ukraines Präsident ihm »den Gefallen« tut und Belastungsmaterial gegen Biden liefert. Während Trump die Anklage »Impeachment-Schwindel« und »Skandal« nennt, sehen die Demokraten in seinem Verhalten den Tatbestand des Verfassungsbruchs und des Machtmissbrauchs erfüllt.

Am Ende des Verfahrens, das einige Wochen dauern könnte, werden die Senatoren über Schuld oder Unschuld des 45. Präsidenten abstimmen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Kammer und der sektenhaften Geschlossenheit der Republikaner hinter ihrem Präsidenten erscheint die für eine Amtsenthebung nötige Zweidrittelmehrheit trotz schwerwiegender Belege ausgeschlossen. Trump dürfte das Impeachment, seinem Wesen nach ein parteipolitischer Machtkampf im Wahljahr, überstehen. Ihm geht es im Verfahren ohnehin nicht um Verfassungsrecht oder Ukraine. Er hat seine Wählerbasis und seine Wiederwahl im Blick, sonst nichts. Dafür muss er vorerst die Republikaner im Senat hinter sich halten, um nach Freispruch im Wiederwahlkampf quasi vor der nächsten Jury zu bestehen: Mehrheiten an der Urne erzielen und seinen Anhängern einreden, er habe das unschuldige Opfer linker Demokraten werden sollen, sich jedoch so mannhaft freigekämpft, wie dies nur einer könne: Donald John Trump.

In den USA wurde bisher noch kein Präsident per Impeachment des Amtes enthoben. Gegen Andrew Johnson 1868 und Bill Clinton 1999 fanden sich im Senat keine Mehrheiten. Richard Nixon wiederum kam 1974 einer damals als sicher geltenden Amtsenthebung durch Rücktritt zuvor.

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