Gutachterin widerspricht Ermittlungen im Fall Amad A.

Unschuldig in Kleve eingesperrter und zu Tode gekommener Syrer kann laut Gutachten nicht verwechselt worden sein

  • Lesedauer: 2 Min.

Düsseldorf/Kleve. Im Fall des unschuldig eingesperrten und zu Tode gekommenen Syrers Amad A. hat eine Gutachterin den bisherigen Ermittlungsergebnissen deutlich widersprochen. In ihrem vertraulichen Gutachten an den Untersuchungsausschuss des Landtags, das der dpa vorliegt, führt die Expertin aus, dass die fälschliche Zusammenführung zweier Personen-Datensätze erst drei Tage nach der Verhaftung des Syrers erfolgt sei. Somit habe er bei seiner Verhaftung gar nicht mit einem Afrikaner verwechselt werden können. Zuvor hatten mehrere Medien über das Gutachten berichtet.

Der Syrer war den bisherigen Ermittlungen zufolge im Juli 2018 irrtümlich wegen eines Haftbefehls eingesperrt worden, der für den dunkelhäutigen Amedy G. aus Mali galt. Der hellhäutige Amad A. hatte wochenlang in Kleve unschuldig im Gefängnis gesessen und schließlich in seiner Zelle selbst Feuer gelegt. Dabei erlitt er so schwere Verbrennungen, dass er im September 2018 in einer Klinik starb.

Gegen die Polizisten, die den 26-Jährigen festgenommen hatten, war wegen Freiheitsberaubung ermittelt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen aber eingestellt, weil die Beamten nicht vorsätzlich gehandelt hätten: Sie hätten bei ihren Datenabfragen fehlerhafte Angaben erhalten. Der Syrer sei fälschlich zur Fahndung ausgeschrieben gewesen, weil eine Sachbearbeiterin in Siegen die Datensätze des Syrers mit denen des Gesuchten aus Mali zusammengeführt habe.

Dieser Version widerspricht die Gutachterin nun deutlich: Erst drei Tage nach der Festnahme des Syrers seien Alias-Namen verfälscht worden. Am Tag seiner Festnahme gebe es nichts, dass ein »Versehen« und die Verwechslung erklären könnte. Es stelle sich vielmehr die Frage, wieso der Beamte, der in Hamburg Haftbefehle des Maliers für den Syrer anforderte, behauptet habe, beide Personen seien identisch.

Das Gutachten könnte den Eltern des 26 Jahre alt gewordenen Syrers zur Hilfe kommen. Sie haben gegen die Einstellung der Ermittlungen Beschwerde eingelegt. dpa/nd

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