- Politik
- Ministerpräsidentenwahl in Thüringen
LINKE sieht »Rechtsputsch« und »beispiellosen Kulturbruch«
Gregor Gysi: SPD muss Große Koalition »unverzüglich verlassen« / Linkspartei verzeichnet Boom bei Neueintritten
Berlin. Die beiden Fraktionsvorsitzenden der LINKEN im Bundestag, Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch, sehen in der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen eine konzertierte Aktion von Rechts: »In Thüringen hat heute ein beispielloser Rechtsputsch stattgefunden. Union und FDP paktieren mit den Rechtsextremen der AfD. Wenn die Macht in Reichweite ist, wird die Demokratie als Kollateralschaden beerdigt.« So ein gemeinsames Statement von Ali und Bartsch, dass sie auf der Homepage der Linksfraktion veröffentlichten.
Die Parteivorsitzenden von CDU und FDP, Annegret Kramp-Karrenbauer und Christian Lindner trügen für diesen »Dammbruch« politische Mitverantwortung. »Das ist ein übler Vorbote für die kommende Bundestagswahl. Dass die Union ausgerechnet eine 5-Prozent-Partei ins Amt des Ministerpräsidenten bringt und den Wahlgewinner Bodo Ramelow verhindert, sagt viel über das Demokratieverständnis von Union und FDP und zeigt, in welch einem Zustand sich die Union unter Annegret Kramp-Karrenbauer befindet«, so die beiden Linken.Fraktionsvorsitzenden weiter.
Für Gregor Gysi ist »die Wahlallianz von FDP, CDU und Höckes AfD ein Kulturbruch in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Ich bin aufrichtig erschüttert, dass dies möglich war und erstmals an Zeiten in der Weimarer Republik erinnert, übrigens genau vor 96 und vor 90 Jahren in Thüringen«. Das sagte der ehemalige Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag anlässlich des Ausgangs der Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten. Des Weiteren sagte Gysi: »Thüringen war jetzt das Land, das gerade auch durch Bodo Ramelow am ostdeutschesten geprägt war. Auch das geht den Ostdeutschen nun verloren. Diese Wahl geschah gegen den Willen der übergroßen Mehrheit der Wählerinnen und Wähler in Thüringen, die Bodo Ramelow bestätigt sehen wollte.«
Gysi forderte als Konsequenz die SPD auf Bundesebene dazu auf, »unverzüglich die große Koalition zu verlassen«, sie verrate sonst ihre Geschichte und gebe sich selbst auf. »Die Allianz von CDU, FDP und Höckes AfD zwingt nicht nur die SPD, sondern auch die Grünen und die Linken, von allen Vorstellungen zum Zusammengehen mit Union und FDP Abschied zu nehmen. Auf Bundesebene müssten jetzt alle drei Parteien für ein Mitte-Links-Bündnis hin zu einer Mitte-Links-Mehrheit kämpfen«, so Gysi.
Unterdessen meldet die Linkspartei einen bundesweiten Boom bei den Neueintritten: Binnen eines Tages nach Kemmerichs Wahl seien zehnmal so viele Mitglieder eingetreten wie üblich, erklärte Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler. Bis Donnerstagmittag seien bundesweit 113 Eintritte verzeichnet worden.
Schindler appellierte an FDP-Chef Christian Lindner, rasch für Kemmerichs Rücktritt zu sorgen. Die FDP müsse klar Stellung beziehen, ob sie »an der Seite der Faschisten oder auf dem Boden der Demokratie« stehe, sagte er. »Das Zündeln am rechten Rand muss beendet werden«, betonte Schindler.
SPD fordert CDU zur Lösung des Problems auf
Die SPD-Spitze hält ihren Druck auf CDU und FDP aufrecht. »FDP und CDU sind gefordert, das Problem aus der Welt zu schaffen«, sagte der Ko-Parteivorsitzende Norbert Walter-Borjans am Donnerstag den Sendern RTL und n-tv. Es werde kein »Weiterso« geben »ohne eine Klärung des Problems«. CDU und FDP dürften nicht »Steigbügelhalter für den Faschismus« sein.
»Ich weiß es auch aus Gesprächen, dass sich die CDU dieses Problems bewusst ist, dass sie das lösen muss«, ergänzte Walter-Borjans. Gemeinsam mit der Ko-Parteichefin Saskia Esken habe er bereits mit der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniert. Es müsse für die Lage eine Lösung »im Rahmen der Thüringer Verfassung« gesucht werden. Alles andere komme für Demokraten nicht in Frage.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte am Donnerstag vehement ein Eingreifen der CDU-Bundesspitze. Empörung reiche nicht aus, sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Nun müsse sich zeigen, »ob Frau Kramp-Karrenbauer den eigenen Laden im Griff hat, ob sie durchsetzungsstark ist in Thüringen oder ob sie eine Königin ohne Land ist.« Für die SPD komme eine Kooperation mit Kemmerich in Thüringen nicht in Frage. »Dieser Mann ist für uns nicht tragbar«, sagte Klingbeil. nd/Agenturen
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