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Klärung eines Sachverhalts
Velten Schäfer studiert liberale Freiheits- und Demokratietheorie
Machthaber können, wenn ein Sachverhalt zu klären ist, eine Vorladung aussprechen. Anderen bleiben die Bücher. Im Zug nach Erfurt studieren wir »Klassiker«: »der Freiheit« im nun vorliegenden Fall. Denn was, wenn nicht eine Edition der »Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit« kann Aufklärung geben, wie’s denn nun ist mit derselben als Ismus?
Wir greifen zuerst zu dem Buch, auf dem das schon draufsteht: »Liberalismus«, Ludwig von Mises, 1927 im Original: »Es kann nicht geleugnet werden, dass der Faszismus und alle ähnlichen Diktaturbestrebungen voll von den besten Absichten sind und dass ihr Eingreifen für den Augenblick die europäische Gesittung gerettet hat. Das Verdienst, das sich der Faszismus damit erworben hat, wird in der Geschichte ewig fortleben.«
Höchst löblich von der Freiheitsstiftung, die Worte ihres Stammvaters nicht zu kommentieren! Aber doch auch ein wenig verwirrend: Denn »Gesittung«, klingt das jetzt wirklich nach »Freiheit«? Und der »Faszismus«? Muss das denn sein? Auch erinnern wir uns dunkel: War da nicht was mit dem L- und dem D-Wort? Wo ist denn jetzt plötzlich die »Demokratie«?
Wir sehen: Unser Sachverhalt braucht noch mehr Input. Wir schauen uns um und kommen auf Friedrich Hayek. Wir blättern und werden dann fündig zu »Freiheit« und »Knechtschaft«. Wir exzerpieren die »Theorie der schiefen Ebene«: Demokratie hat zur Folge, dass da dann irgendwann jeder Depp irgendwas zu wollen berechtigt zu sein glaubt. Wegen der Wahlberechtigung eines jedes Deppen lädt sich der Staat zu viele Aufgaben auf - »bezahlbares Wohnen«, »gute Arbeit«, man kennt die Litanei. Demokratie als solche neigt zu Überdosierung. Und schliddert, wenn man nicht scharf aufpasst, in »Knechtschaft«: in einen Staat im Sinne jedes Deppen!
Wir lassen das sacken: Das mit der »Freiheit« meint gar nicht jeden Deppen. Liberal bedeutet in diesem klassischen Sinn die Befreiung der Mächtigen von der Rücksicht auf dieselben. Wenn’s geht durch die Buchstabenmonster von WTO bis CETA. Wenn’s nicht geht, durch eine Prise Faszismus. In Maßen natürlich, verstehen Sie’s richtig. Es ist ja auch zu Ihrem Besten.
Wir checken dies gegen und scrollen »Die Zeit«: John Rawls, Voltaire, Montesquieu, Hamm-Brücher! Wir sehen ins Geschichtsbuch und finden die Krolloper, Berlin, 24. März, sechs Jahre nach dem Buch von Mises. Wir wägen ab und geloben: ein Lied nie wieder zu singen. Das von der »liberalen Demokratie« und ihrer Verteidigung. Denn wenn’s drauf ankommt, ist zu entscheiden: für eines von beiden. Das L- und das D-Wort waren nie beste Freunde.
Wir danken den Klassikern für die Klärung des Sachverhalts. Und laden die Freiheitsstiftung nicht vor, aber ein: zu einer Kommentierung des Mises-Faszismus. Muss gar nicht lang sein, sondern nur klar.
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