Bereit seit neun Jahren

Passagiere sollen Flughafenbahnhof BER noch vor Aufnahme vom Flugbetrieb erreichen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Willkommen in unserem Flughafenexpress. Wenn Sie so wollen mit neun Jahren Verspätung«, sagt Alexander Kaczmarek, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für Berlin am dortigen Bahnhof Südkreuz. Auf fast direktem Wege führt am Dienstagmorgen die Pressefahrt gen Südosten zum Flughafenbahnhof am BER. »Wir sind fest davon überzeugt, dass der Flughafen im Oktober öffnet«, sagt Kaczmarek noch. Das wäre zu begrüßen, aus Sicht des Staatskonzerns ganz besonders.

Schließlich steht der Bahnhof seit 2011 betriebsbereit zur Verfügung. Obwohl, von ein paar Pressefahrten ausgenommen, in der Zeit kein einziger Fahrgast den Bahnhof genutzt hat. Nur Neonröhren oder die Akkus der Notbeleuchtung wurden seither ausgetauscht. Denn diese Dinge altern, auch wenn ihnen niemand beim Leuchten zusieht. Dazu kommen noch die sogenannten Belüftungsfahrten. Regelmäßig müssen leere Züge die Tunnelstrecken und den Bahnhof befahren, damit sich keine Feuchtigkeit sammelt und aus den Betonröhren keine Grotten werden. »Wir wollen uns aber nicht mehr um die Kosten streiten. Wir wollen nach vorne schauen, freuen uns einfach auf die Eröffnung«, sagt Kaczmarek auf dem Bahnsteig.

Der Journalistentross ist eine willkommene Abwechslung für die Brandwachen. Auf jedem Bahnsteig stehen einige Menschen mit orangefarbenen Sicherheitswesten. Im Dreischichtbetrieb sind sie dafür zuständig aufzupassen. Nicht unbedingt eine Freude, die Temperaturen sind auch hier im Tunnel eisig. Einer berichtet, er komme täglich aus Schöneweide mit der S-Bahn her. Wie alle anderen muss er am derzeitigen Flughafenbahnhof Schönefeld aussteigen, selbst wenn es sich bei dem Zug um eine sogenannte Belüftungsfahrt handeln sollte, die seinen Arbeitsplatz direkt ansteuert. Er muss den Linienbus für das letzte Stück nehmen.

Ab Herbst soll im Bahnhof Leben einziehen. Alle zehn Minuten soll dann eine S-Bahn, jede Viertelstunde ein Regionalexpress ankommen und abfahren. »Wir sind noch in den Gesprächen mit dem Aufgabenträger, wann sinnvollerweise der Betrieb aufgenommen wird«, berichtet Kaczmarek. »Die Flughafengesellschaft will auch, dass wir den Betrieb früher aufnehmen«, so der Konzernbevollmächtigte weiter. Je näher das Eröffnungsdatum rückt, desto mehr Menschen müssen den neuen Hauptstadtairport erreichen. Nicht nur die BER-Beschäftigten, sondern auch jene, die in den zahlreichen Geschäften arbeiten. Im April wird es schon richtig voll werden. Dann soll eine gemeinsame Rettungsübung für Bahnhof und Terminal mit 800 Darstellern stattfinden.

Die vor allem von der Wirtschaft verbreiteten Sorgen, dass der Flughafen BER nicht ausreichend angebunden sei, teilt Kaczmarek nicht. »Schon jetzt ist der Bahnhof für 125 000 Reisende pro Tag ausgelegt«, sagt er. Das seien weit über 40 Millionen Passagiere pro Jahr.

Mit der S-Bahn wird die Fahrt ab Berlin-Hauptbahnhof 51 Minuten dauern, mit dem Regionalexpress etwa eine halbe Stunde. Alle zwei Stunden wird dann auch die Ende 2019 eingeführte Intercity-Linie Rostock-Berlin-Dresden einen Schlenker über den Flughafen machen. »Wir hoffen, dass die Fahrzeitverlängerung durch mehr Fahrgäste mit der Airportanbindung kompensiert wird«, sagt Alexander Kaczmarek.

Zehn Minuten schneller werden soll die Reise, wenn die Dresdner Bahn zwischen den Bahnhöfen Berlin-Südkreuz und Blankenfelde (Teltow-Fläming) fertiggestellt sein wird. Wann genau die Strecke in Betrieb genommen werden kann, ist unklar. Denn die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow hat Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss eingelegt. »Unverständlich« ist das für Kaczmarek. »Denn die Gemeinde profitiert sehr von der Verbindung.« Er hofft weiterhin, dass es bei der Inbetriebnahme Ende 2025 bleiben wird.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.