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Kein Klima für Krieg
Trommeln gegen die Nato-Sicherheitskonferenz: Tausende umzingelten in München den Tagungsort »Bayerischer Hof«
»Alles muss sich ändern - Nein zu Krieg und Umweltzerstörung.« Unter diesem Motto zogen bei einer Demonstration am Samstag gegen die Nato-Sicherheitskonferenz (Siko) Tausende durch die Münchner Innenstadt. Das Aktionsbündnis zählte mehr als 5000 Menschen, die Polizei ging von rund 3000 aus.
Die Veranstalter der diesjährigen Siko hatten angekündigt, dass der Klimawandel ein wichtiges Thema auf der Konferenz sein würde - das Motto der Protestierenden war die Antwort hierauf: Auf Plakaten waren Slogans zu lesen wie »Kein Klima für Krieg« und »Klimaschutz statt Rüstung«. Eine Rednerin des Aktionsbündnisses stellte klar, dass Militär nicht nur Menschen tötet, sondern auch Lebensräume und Lebensgrundlagen vernichtet: »Kriege hinterlassen verbrannte Wälder, kontaminierte Böden und vergiftetes Grundwasser.« Auch die verstrahlten Regionen durch Uranmunition dürfe man nicht vergessen. Reiner Braun, Ko-Präsident des Internationalen Friedensbüros (IPB) in Genf, erklärte ebenfalls, dass das Militär ein Klimakiller sei. Ohne die Bundeswehr könne Deutschland seine Klimaziele erfüllen.
Ein zentrales Thema bei den Reden war auch das Nato-Militärmanöver »Defender 2020«, das diese Woche mit rund 37 000 teilnehmenden Soldatinnen und Soldaten an der Nato-Ostgrenze beginnt. »Geschichtsvergessen« nannte Sevim Dağdelen von der Partei Die Linke die Tatsache, dass zum 75. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus wieder deutsche Soldaten in Richtung Russland marschieren. Von Seiten des Aktionsbündnisses hieß es: »Die deutsche Bahn kommt zu spät, weil der Transport von Panzern wichtiger eingestuft wird als der von Menschen.« Bei »Defender 2020« sei der zivile Verkehr und Transport zweitrangig - das Militärische werde dem Zivilen übergeordnet.
Marion Küpker, Aachener Friedenspreisträgerin der Kampagne »Büchel ist überall!«, wies in diesem Zusammenhang auf den 75. Jahrestag der Bombardierung von Hiroshima und Nagasaki hin. Sie verneinte eine Atompartnerschaft mit Frankreich und sprach sich gegen eine EU als Atommacht aus, »egal unter welchem Kommando«. Küpker forderte die Bundesregierung auf, endlich den internationalen Atomverbotsvertrag zu unterzeichnen.
Das Beispiel Libyen zeige zudem, dass der Politiker-Slogan »Frieden durch Dialog« nichts weiter als Heuchelei sei, kritisierte Sevim Dağdelen. Wer durch Waffenverkäufe Kriege mit anheize, dürfe nicht von »Frieden« sprechen. Wer aber wiederum die Wahrheit über solcherlei Lügengeschichten und Märchen über angeblich saubere Kriege entlarve, solle nach dem Willen der Mächtigen am liebsten lebendig im Gefängnis begraben werden - wie der inhaftierte »Wikileaks«-Gründer Julian Assange, für den sich mehrere Gruppen unter den Protestierenden stark machten.
»Die Wahrheit wird lange vor einem Krieg bewusstlos geschlagen, um den Krieg zu ermöglichen«, setzte Sevim Dağdelen nach. Neben der Lehre »Nie wieder Krieg« gebe es eine weitere Erkenntnis aus dem Zweiten Weltkrieg: nie wieder Faschismus. Mit Blick auf Thüringen forderte sie: »Kein Pakt mit Faschisten«. In diesem Sinne richtete Walter Listl vom Aktionsbündnis eine Grußbotschaft an die Protestierenden in Erfurt. Wie die Geschichte beweise, sei Nationalismus schon immer an der Vorbereitung von Kriegen beteiligt gewesen.
Die Veranstaltung verlief reibungslos - bis auf einen Zwischenfall, bei dem sich ein Mann mit Benzin übergoss und in die Menge lief. Er wurde von der Polizei überwältigt und in eine psychiatrische Einrichtung gebracht. Die Protestierenden setzten sich zusammen aus so verschiedenen Gruppen wie pax christi, einer Hochschulgruppe und der Umweltgruppe »extinction rebellion«. Das Aktionsbündnis, bestehend aus über 70 Organisationen, setzte auf verschiedene Protestformen: Während der Demonstrationszug vom Karlsplatz Stachus über den Odeonsplatz zum Marienplatz zog, vollendete die symbolische Umzingelung des Tagungsortes Bayerischer Hof eine Protestkette in der Fußgängerzone. Aufmerksamkeit bei Passanten erregten dabei die Aschaffenburger Friedenstrommler und die bekannte Trommelgruppe Münchner Ruhestörung.
Insgesamt waren neun Demonstrationen gegen die Siko angemeldet. Bereits an den Tagen vor der zentralen Demo gab es mehrere Auftaktveranstaltungen mit Antikriegstheater, Diskussionen und Kundgebungen, etwa von »Fridays for Future«. Am Samstag fand auch der Antikriegs-Kongress statt, bei dem Experten bis in den Abend hinein im DGB-Haus über friedliche Alternativen diskutierten. Im Fokus standen Themen wie die Zusammenarbeit von Berlin und Paris bei Rüstungsexporten, Militärausgaben und Großwaffenprogramme sowie die Abschottung gegen Menschen auf der Flucht.
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