- Politik
- Bodo Ramelow
»Da wird hineininterpretiert, was es nicht gibt«
Ramelow springt der bedrängten CDU im Landtag bei / Mike Mohrings Opfer reicht der Berliner Parteizentrale als Preis der Einigung nicht
Bodo Ramelow tat am Wochenende alles, um seine CDU-Gesprächspartner vor dem Gegenwind aus Berlin zu schützen und den gemeinsam gefundenen Ausweg aus der Krise womöglich wieder in Frage zu stellen. Ramelow, Ministerpräsident der letzten Wahlperiode, warf CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak vor, den Kompromiss von Linke, SPD, Grünen und CDU falsch zu interpretieren. Es gebe keine Vereinbarung, dass die CDU-Fraktion ihm bei der Ministerpräsidentenwahl am 4. März die nötige Mehrheit verschaffe und damit gegen ihren Parteitagsbeschluss verstoße, sagte Ramelow am Sonntag. »Da äußern sich jetzt Leute, die nicht am Tisch waren und vielleicht vor allem die Hamburger Wahl im Blick haben«, so der Linke-Politiker. »Da wird von Berlin etwas hineininterpretiert, was es nicht gibt.«
Nach Gesprächen mit vielen Abgeordneten der demokratischen Landtagsfraktionen sei er der Überzeugung, dass er bei der Wahl des Ministerpräsidenten am 4. März im Landtag im ersten Durchgang eine Mehrheit bekommen werde und AfD-Stimmen dabei keine Rolle spielen werden. »Deshalb bedurfte es keiner vertraglichen Regelung mit der CDU-Fraktion«, so Ramelow. Die Ergebnisse des Treffens mit der CDU würden deshalb auch nicht in einen Vertrag oder eine Vereinbarung münden, sondern nur protokolliert. Dieses Protokoll werde in den nächsten Tagen von den Gesprächspartnern unterzeichnet, nicht von den Parteien.
Der Thüringer Landes- und Fraktionschef der CDU, Mike Mohring, hatte nach der Einigung mit Rot-Rot-Grün angekündigt, bereits Anfang März von allen Ämtern zurückzutreten. Sein Opfer scheint den Berliner Parteifreunden aber nicht zu reichen. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak äußerte vehement Widerspruch gegen eine Wahl Ramelows mit Stimmen der CDU. Er könne nicht verstehen, warum eine Expertenregierung nicht der richtige Weg gewesen wäre, aus der Krise in Thüringen zu kommen. Eine Wahl Ramelows sei mit den Unvereinbarkeitsbeschlüssen der CDU nicht möglich. »Die Abgeordneten im Landtag von Thüringen sind nach der Verfassung frei. Aber alle Mitglieder der CDU Deutschland sind an die Beschlüsse des Bundesparteitages gebunden«, so Ziemiak.
Auch der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, lehnte eine Wahl Ramelows durch CDU-Abgeordnete ab. »Die CDU darf ihre Grundüberzeugungen niemals über Bord werfen«, sagte Kuban der »Bild am Sonntag«. Es dürfe »keine Zusammenarbeit mit Linken und der AfD geben«. Nun sei die Parteispitze gefordert, »die Fraktion in Thüringen auf dem Weg zu einer überparteilichen Lösung zu unterstützen und weiteren Schaden von der CDU abzuwenden«, sagte Kuban. Auch die CDU-Politiker Friedrich Merz und Jens Spahn, die als mögliche Nachfolger an der Parteispitze gelten, äußerten harsche Ablehnung.
Dem Aufruf eines Bündnisses »Bürger für Thüringen« für ein »freiheitliches und demokratisches Thüringen« und gegen eine Wahl Ramelows waren am Samstag nach Polizeischätzungen rund 150 Menschen auf den Erfurter Anger gefolgt. Die Organisatoren hatten mit etwa 1000 Teilnehmern gerechnet, um ein Zeichen gegen Linke und AfD zu setzen. Mit Agenturen
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.