Verklappen im Bergwerk

Umweltschützer finden Pläne von K+S problematisch und Anwohner fürchten den Zugverkehr

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 4 Min.

Die K+S AG, früher Kali und Salz AG, mit Sitz in Kassel ist der größte Salzproduzent der Welt. Über Jahrzehnte hat das Unternehmen die beim Kalibergbau in Thüringen und Hessen anfallende Salzlauge einfach in die Werra geleitet. Und damit auch die Weser versalzen: In Zeiten der stärksten Belastung bis etwa 1999 wiesen beide Flüsse brackwasserähnliche Bedingungen auf, erhebliche Schäden für das Ökosystem und das zeitweise Verschwinden von Süßwasserfischen waren die Folgen.

Durch die Schließung mehrerer Bergwerke in Thüringen und technische Maßnahmen wie den Bau einer Anlage zur Aufbereitung von Salzlösungen konnte K+S die Salzeinleitungen zwar reduzieren, sie sind aber immer noch viel zu hoch. Immerhin hat die EU inzwischen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingestellt - es war eröffnet worden, weil die Bundesrepublik die europäischen Wasserrichtlinien an Weser und Werra nicht einhielt.

Gleichzeitig wurden die Umweltauflagen strenger: So muss, wenn die Werra zu wenig Wasser führt, K+S seine Produktion stoppen. Der Konzern verfolgte deshalb lange Zeit das Ziel, die Salzabwässer durch eine Fernleitung direkt in die Oberweser zu leiten. Umweltschützer und Anrainer-Kommunen liefen aber gegen das 240-Millionen-Euro-Projekt Sturm.

Im vergangenen August einigte sich K+S mit den betroffenen Bundesländern auf ein anderes Konzept. Dazu zählt mehr Speicherraum für die Lauge - nach eigenen Angaben kann das Unternehmen unter Tage und in oberirdischen Becken inzwischen eine Million Kubikmeter Abwasser lagern. Und die Entsorgung der Abfalllauge in stillgelegten Bergwerken. Dazu gehört auch das Kalibergwerk Sigmundshall bei Wunstorf in der Region Hannover.

Nach 120 Jahren Produktion hatte K+S hier im Dezember 2018 symbolisch die letzte Tonne Kalisalz gefördert. Grund für die Schließung war, dass die Salzvorräte zur Neige gingen und ein wirtschaftlicher Abbau immer schwieriger wurde. Insgesamt 130 Millionen Tonnen Salz wurden seit 1898 im Bergwerk Sigmundshall gefördert. Die Flutung stillgelegter Kalibergwerke ist in Niedersachsen vorgeschrieben, um Absenkungen auf ein Minimum zu reduzieren.

Bei der Flutung mit Salzlauge sehen Umweltschützer durchaus Probleme. Der BUND etwa befürchtet Versalzungen des Grundwassers und der Oberflächengewässer. Ökologische Alternativen zur Entsorgung der Laugen sind allerdings nicht in Sicht.

Das Bergwerk Sigmundshall hat ein Hohlraumvolumen von mehr als 30 Millionen Kubikmetern. »Es ist vorgesehen, nach Abschluss der technischen Vorbereitungen Mitte 2021 mit der Flutung zu beginnen«, sagt K+S-Sprecher Ulrich Göbel. Nach seinen Angaben werden gegenwärtig drei Transportvarianten für die Anlieferung der Salzwässer geprüft.

Zum einen könnte die Lauge mit Bahnkesselwagen direkt zum Werk Sigmundshall gefahren und dann in den Schacht eingleitet werden. Möglich sei auch ein Bahntransport zum 1981 stillgelegten Kaliwerk Friedrichshall bei Sehnde. Dort würde die Lauge auf Schiffe verfrachtet, auf dem Mittellandkanal bis zum Dorf Kolenfeld transportiert und schließlich über eine Pipeline in den Schacht Kolenfeld des Werks Sigmundshall geleitet werden.

Als dritte Alternative nennt Göbel den Bau einer Entladestation für Bahnkesselwagen in Haste-Hohnhorst im Kreis Schaumburg und von dort den Transport per Pipeline zum Schacht Kolenfeld. »K+S möchte erreichen, dass die Transporte mit den geringstmöglichen Beeinträchtigungen für das Umfeld organisiert werden können«, so der Firmensprecher.

Gegen diese dritte Variante formiert sich Widerstand. »Wir werden uns gegen den Entladebahnhof wehren«, sagte der Bürgermeister der Samtgemeinde Nenndorf, Mike Schmidt, dem NDR. »Wir können nicht akzeptieren, dass die Abwasserzüge nur 150 Meter entfernt vom nächsten Anwohner entladen werden.« Der Lärm ist auch für Hohnhorsts Bürgermeister Cord Lattwesen das K.o.-Kriterium für die Idee. Sechs Züge würden dort täglich ankommen. Das sei unzumutbar für die Anlieger. Hastes Bürgermeister Sigmar Sandmann sieht keine Notwendigkeit darin, ausgerechnet in Haste eine Entladestation zu bauen. Schließlich habe das Bergwerk einen Gleisanschluss.

K+S könne die mit zusätzlichem Bahnverkehr verbundenen Bedenken nachvollziehen, sagt Sprecher Göbel. Deshalb wolle das Unternehmen gerne auch die Binnenschifflösung realisieren: »Sofern sich dies nach Abschluss aller Prüfungen als eine tragfähige Lösung erweist.«

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