80 Euro Zuschuss pro Passagier

Der Niedergang des umstrittenen und wenig genutzten Regionalflughafens Kassel-Calden setzt sich fort

  • Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden
  • Lesedauer: 3 Min.

Die hessische Linksfraktion hatte das Projekt von Anfang an als überflüssig bezeichnet und legte dieser Tage erneut den Finger in die Wunde. »Das Land zahlt 80 Euro für jeden Passagier in Calden«, erklärte der Abgeordnete Jan Schalauske, der auch Landesvorsitzender seiner Partei ist.

Der haushaltspolitische Fraktionssprecher hatte den kürzlich beschlossenen Landeshaushalt für das laufende Jahr und die offiziellen Zahlen des Flughafenbetreibers genau unter die Lupe genommen und daraus Schlussfolgerungen gezogen. In dem Etat sind Kosten für die Aufrechterhaltung des nordwestlich von Kassel gelegenen Airports in Höhe von knapp 9,7 Millionen Euro aufgeführt. Sie gliedern sich in Ausgaben für Gemeinwohlaufgaben, Sicherheitsdienstleistungen, die Fluggastkontrollstelle sowie einen Verlustausgleich in Höhe von 3,8 Millionen Euro. Angesichts von rund 120 000 Passagieren, die den Flughafen über das gesamte Jahr 2019 genutzt hatten, ergäbe sich daraus ein vom Land beglichener Betrag in Höhe von gut 80 Euro pro Fluggast, so Schalauskes Rechnung.

Aus einer näheren Betrachtung der amtlichen Zahlen des Flughafenbetreibers Flughafen GmbH Kassel ergebe sich, dass Kassel-Calden in allen Bereichen verliere, also bei Passagieren, Fracht und Flugbewegungen. »Offensichtlich brauchten 2019 noch weniger Menschen als im Vorjahr den Flughafen Kassel.« Doch statt endlich ein tragfähiges Konzept für den Flughafen vorzulegen, wolle die schwarz-grüne Landesregierung auch in diesem Jahr 9,6 Millionen Euro für den Flughafen Kassel-Calden verschwenden und somit jedes Ticket mit 80 Euro subventionieren, so Schalauskes Kritik. »Dieser Irrsinn muss ein Ende haben.« Notwendig sei ein tragfähiges Konzept für den Flughafen jenseits von gescheiterten Ferienfliegerträumereien. »Die 9,6 Millionen lassen sich in Nordhessen sicher besser verwenden«, so Schalauske.

Die Monatsstatistik der Flughafen GmbH Kassel für 2019 lässt ahnen, dass an dem für eine dreistellige Millionensumme ausgebauten Airport vor allem in den Wintermonaten eine gähnende Leere vorherrscht. Während in den Sommer- und Ferienmonaten rund 120 Flugbewegungen pro Monat gezählt werden, sind es in den Wintermonaten nur schlappe 30. Die von den Befürwortern eines Ausbaus lange propagierte belebende Wirkung des 2013 nach umfangreichen Ausbauarbeiten in Betrieb genommenen Airports auf die Wirtschaft im ländlichen Nordhessen und angrenzenden Regionen in Westfalen und Südniedersachsen ist offenkundig nicht eingetreten. Der Frachtumschlag ist insgesamt rückläufig. In den Monaten Januar, März Juni, August und Dezember 2019 wurde gar keine einzige Tonne Fracht be- oder entladen. Anders als rund um Großflughäfen wie Frankfurt am Main, München oder Düsseldorf brennt das Thema Fluglärm im beschaulichen Nordhessen nicht auf den Nägeln. Dafür umso mehr das Defizit, für das die Kommunen Calden und Kassel, der Landkreis Kassel sowie das Land Hessen als Gesellschafter der Flughafen GmbH Kassel aufkommen müssen.

Der aus einem Luftlandeplatz heraus entwickelte Airport sollte nach dem Willen von Kommunal- und Landespolitikern die Region aufblühen lassen und somit auch mehr Einnahmen in öffentliche Kassen spülen. Diese Hoffnungen gingen nicht auf. Kassel-Calden ist einer von etlichen regionalen Flughafenprojekten, die von ehrgeizigen Bürgermeistern, Landräten und Landespolitikern seit den 1990er Jahren vorangetrieben wurden und sich als gigantische Fehlplanung und Millionengrab erwiesen haben.

Kritiker weisen seit Jahren darauf hin, dass in Nordhessen kein Bedarf an einem neuen internationalen Verkehrsflughafen besteht. Schließlich sind im Umkreis von deutlich unter 200 Kilometern bereits die Flughäfen Paderborn/Lippstadt, Hannover-Langenhagen, Erfurt-Weimar, Dortmund, Münster/Osnabrück und Frankfurt am Main in Betrieb. Zudem hat die Region mit dem ICE-Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe beste Bahnverbindungen in alle Himmelsrichtungen. Die seit 2014 mit der Union in Hessen regierenden Grünen hatten das Projekt ursprünglich abgelehnt. Im aktuellen Koalitionsvertrag drücken sich beide Partner um eine klare Aussage.

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