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- »Stern 111«
Die Wucht des Unbegreiflichen
Die Leipziger Buchmesse ist abgesagt, aber wer bekommt ihren Preis? Der Shortlist-Check Teil 1: Lutz Seilers »Stern 111«
Kurz nach der Maueröffnung erhält Carl von seinen Eltern ein Telegramm: »wir brauchen Hilfe komm doch bitte sofort«. Der Leipziger Germanistik-Student ist gerade in einer Krise, hat sich von seiner Freundin getrennt und sein Studium abgebrochen. Als Carl in Gera ankommt, eröffnen ihm Vater und Mutter, dass sie in den Westen gehen wollen. Und zwar so schnell wie möglich, wer weiß, wie lange die Grenze noch offen bleibt.
Carl ist schockiert, er kann sich die Eltern nur in der Wohnung in Gera Langenberg vorstellen, dort, wo sie schon immer gewohnt haben, wo er aufgewachsen ist. »Es war die Wucht des Unbegreiflichen, die ihm die Sprache verschlug.« Warum sie überhaupt gehen wollen, fragt er deshalb nicht, macht stattdessen das, was sie verlangen, und fährt sie am nächsten Morgen im väterlichen Shiguli an die Grenze, die sie dann zu Fuß überqueren.
»Stern 111«, Lutz Seilers neuer Roman, ist wie sein Debüt »Kruso« (2014) die Geschi...
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