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Bauregeln für die Stadt von morgen
Stadtentwickler und Architekten geben dem künftigen Schumacher-Quartier ein Gesicht
Wie oft hat sich Berlin allein in den vergangenen 75 Jahren, als es etwa um die Beseitigung der Kriegszerstörungen oder die Folgen der Teilung ging, neu erfunden? Nun also auch in Tegel: Wenn im November der Flughafen schließt, soll in dessen Nachbarschaft ein neuer Stadtteil entstehen: das Schumacher-Quartier mit 5000 Wohnungen für 10 000 Bewohner auf 48 Hektar im Dreieck zwischen Kurt-Schumacher-Damm, Neue Meteorstraße und Flugfeld.
Was man sich darunter vorstellt, beschreibt die vom Land Berlin mit der Entwicklung beauftragte Tegel Projekt GmbH als »Entwurf für das Leben in der Stadt der Zukunft«. Seit 2013 liegt der Masterplan zur Entwicklung eines nachhaltigen, sozial gemischten Stadtviertels vor. Ein grünes, lebendiges Quartier mit Schulen, Kitas, Sport- und Einkaufsmöglichkeiten soll es werden.
Inzwischen wurde der Grundriss des Quartiers, das auch einen Bildungscampus integrieren soll, definiert und es fand ein städtebaulicher Wettbewerb statt. Im Januar dann schärfte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) das Konzept im Interesse von Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit mit der Vorgabe nach, das ganze Quartier in Holzbauweise zu errichten. In Tegel, so die Losung, soll ein europäisches Vorzeigeprojekt entstehen, ein Kompetenzzentrum in Sachen Holzbauweise. Am Dienstag nun befasste sich auch das Baukollegium unter Leitung von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher (Linke) mit dem Projekt.
»Wir haben für das Schumacherquartier schon vor längerer Zeit quasi vorbildhaft eine Charta erarbeitet, in der übergeordnete Qualitätskriterien für dieses Modellquartier formuliert wurden«, erinnerte Lüscher. Es sei dabei um solche Themen gegangen wie Lebensräume, Grün und öffentlicher Raum, Nachhaltigkeit, Mobilität, Energieversorgung oder Wasserwirtschaft. Und natürlich um soziale Durchmischung, Wohnen für alle. »Wir haben uns da hohe Ziele gesetzt«, so die Baudirektorin. Tegel-Konzept-Chef Philipp Boutellier sprach angesichts eines angestrebten Anteils der geförderten Wohnungen von 40 Prozent von einem »sozialen und ökologischen Modellprojekt«.
An die sechs unabhängige Experten des Kollegiums und die Vertreter des Projektentwicklers gerichtet, gab Lüscher den Startschuss zur Überarbeitung des Konzepts, zur gemeinsamen Festlegung von Gestaltungsprinzipien - für das Gesamtquartier und seine Bereiche. Die Zeit drängt, denn laut Boutellier beginnen die Erschließungsarbeiten bereits 2021.
Tegel Projekt und das Hamburger Stadtplanungsbüro Luchterhandt haben dem Gremium den Entwurf eines Bauhandbuches vorgelegt. Das Regelwerk macht detaillierte Vorgaben, bestimmt durch das »Grundrauschen«, den gewünschten Gesamteindruck des Quartiers: helle Farben und sichtbares Holz, die für Lebendigkeit und Nachhaltigkeit, begrünte Fassaden sowie Photovoltaikflächen entlang der äußeren Zufahrtsstraßen, die für Modernität stehen. Es geht um Materialoberflächen, Geschosshöhen und Ornamentik, um Innenhofbegrünung, Balkone und Loggien. Gerade im Detail lässt sich manch Kollegiumsmitglied nicht vorschnell festlegen. Laut Lüscher ist damit die Diskussion eröffnet. »Wo es uns absolut wichtig ist, da machen wir Vorgaben«, sagt sie. »Bei den Erdgeschosszonen ist es uns extrem wichtig.« Es ist dort, wo sich einst die Menschen begegnen sollen.
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