Der »Gute« ist er nicht
Benny Gantz könnte sogar Israels Noch-Premier Netanjahu retten, meint Philip Malzahn
Niemand profitiert vom Corona-Virus in Israel so wie Benjamin Netanjahu: Seine Gerichtsverhandlung wurde aufgrund der Pandemie verschoben, und sein größter Konkurrent, Oppositionsführer Benny Gantz, muss mit dem Noch-Premier über die Regierungsbildung verhandeln.
Ex-General Gantz hat die Macht, die Ära Netanjahu zu beenden oder zu verlängern. Letzteres würde das wichtigste Ergebnis des einjährigen Wahldebakels aufheben. Denn wenn die drei Urnengänge eines hervorgebracht haben, dann, dass die arabischen Parteien mit ihrer gemeinsamen Liste drittstärkste Parlamentskraft wurden. Gegenüber Staatspräsident Rivlin haben sie ihr Vertrauen und ihre Empfehlung für Gantz ausgesprochen. Noch nie waren sie so stark und wichtig, selten einem Ex-Militärchef so nah.
Sicher, die Verhandlungen zwischen Gantz und Netanjahu sind aus der Not geboren. In Krisenzeiten braucht man eine Politik, die schnell und rational entscheiden kann. Doch es wird auch ein Israel nach Corona geben. Und: Benny Gantz ist nicht der Gute. Bei Wahlauftritten versicherte er, Israel müsse ewig »mit dem Schwert leben«. Die arabischen Parteien könnten es noch schwer bereuen, dass sie sich für ihn ausgesprochen haben.
Abermals zeigt sich: Politiker handeln nach Zielen und Möglichkeiten. Manchmal gibt es dann Ereignisse wie ein neues Virus, das auf einmal die Karten der politischen Akteure neu mischt. Gespielt wird trotzdem.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.