Harte Kritik für olympische Funktionäre
IOC wehrt sich weiter gegen Plan B für Sommerspiele
IOC-Präsident Thomas Bach gerät mit seiner Coronavirus-Politik immer stärker in Bedrängnis. Deutsche Spitzenathleten und erstmals auch Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees schlagen Alarm, nachdem der Ringeorden am Dienstag erklärt hatte, dass an der Austragung der Olympischen Spiele in Tokio vom 24. Juli bis 9. August festgehalten werde.
»Das ist eine unverständliche und überhaupt nicht nachvollziehbare Hinhaltetaktik vom IOC und den Japanern«, sagte die weltbeste Reiterin Isabell Werth. »Sie sollten sich am Fußball und an der Formel 1 ein Beispiel nehmen und jetzt sagen: ›Olympia im Juli wird nichts‹«, meinte die sechsmalige Dressur-Olympiasiegerin. Ähnlich sieht es Speerwurf-Olympiasieger Thomas Röhler, der darauf hinwies, dass das Training von Land zu Land längst anders aussehe und keine Chancengleichheit mehr gewahrt ist. »Deshalb würde ich mich über eine Verschiebung der Olympischen Spiele freuen, um die Ausgangslage für alle auf null zu setzen«, sagte Röhler.
Bach musste nach der zweistündigen Telefonkonferenz mit den Fachverbänden am Dienstag sogar Kritik aus den eigenen Reihen hinnehmen. Als »unsensibel« und »verantwortungslos« bezeichnete IOC-Mitglied Hayley Wickenheiser die Tatsache, dass in der Sitzung eine Verschiebung oder Verlegung von Olympia nicht intensiver erörtert worden sei. »Diese Krise ist sogar größer als Olympia«, schrieb die IOC-Athletensprecherin. Wickenheiser betonte, dass derzeit niemand sagen könne, ob Olympia stattfindet - auch das IOC nicht. »Und das ist mein Punkt«, sagte die Eishockey-Olympiasiegerin: »Mit Sicherheit zu sagen, dass sie weitermachen werden, ist gegenüber den Athleten und der Weltbevölkerung nicht gerecht.«
Katerina Stefanidi ging mit den Funktionären ebenfalls hart ins Gericht. »Das IOC möchte, dass wir weiterhin unsere Gesundheit, die Gesundheit unserer Familien und die öffentliche Gesundheit aufs Spiel setzen«, schrieb die Stabhochsprung-Olympiasiegerin aus Griechenland. Deutlich moderater fiel die Reaktion von Säbelfechter Max Hartung aus. Der Präsident der Vereinigung Athleten Deutschland, der sonst für seine kritischen Worte bekannt ist, setzt weiter auf Olympia im Sommer: »Heute kann niemand sagen, was im Juli sein wird. Wir Athleten hoffen, in Tokio antreten zu können.«
Thomas Weikert, Präsident des Tischtennis-Weltverbandes ITTF und in dieser Funktion auch bei der Sitzung der Fachverbände mit dem IOC am Dienstag vertreten, kann die Kritik der Athleten nachvollziehen, dennoch ist er gegen einen Abbruch. »Dafür ist es wirklich noch zu früh. Wir brauchen jetzt noch keinen Plan B«, sagte der Limburger. Und er begrüßte gar den Kurs von Bach, zumal das IOC Eingeständnisse für die Qualifikationen machte. Da derzeit keine Wettkämpfe bestritten werden können, müssten die Verbände ihre Athleten am Ende verstärkt über die Bestenliste für Olympia nominieren.
Das IOC indes reagierte auf die harsche Kritik der Athleten und räumte ein, dass es am Dienstag keine »ideale Lösung« gegeben habe. Man sei aber in dieser schwierigen Situation auf das Verständnis aller angewiesen: »Deshalb setzen wir auf die Verantwortung und Solidarität der Athleten.« SID/nd
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