- Politik
- Antisemitismus
Holocaust-Gedenken von Antisemiten gestört
Täter zeigen Hitler-Fotos und erzwingen Abbruch von Online-Gedenken
Berlin. Eine Holocaust-Gedenkveranstaltung der israelischen Botschaft ist von Unbekannten gestört worden. Die Video-Sitzung mit dem 77-jährigen Holocaust-Überlebenden Tswi Herschel am Montagabend sei von Aktivisten mit Hitler-Bildern und antisemitischen Parolen verunglimpft worden, erklärte der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, am Dienstag auf Twitter. Nach einer kurzen Unterbrechung sei die Videokonferenz ohne die Störer fortgesetzt worden. Anlass war der nationale israelische Holocaust-Gedenktag Jom Hashoa. Das Online-Gespräch mit Herschel erfolgte in der Reihe »Erinnerung im Wohnzimmer«.
Rund 30 Teilnehmer hatten sich der »Bild«-Zeitung (Online) zufolge auf der Video-Plattform »Zoom« versammelt, um Herschel zuzuhören. Eingeladen hatte dazu die Botschaft per offenem Link auf Facebook.
Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Uwe Becker, sprach von einem antisemitischen Angriff auf israelisches Holocaust-Gedenken. Er kündigte in Berlin an, Anzeige wegen Volksverhetzung zu stellen: »Wer selbst das Gedenken an die Opfer der Schoah zum Angriff auf jüdisches Leben missbraucht, muss mit aller Härte der Gesetze verfolgt werden.«
Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, zeigte sich entsetzt. Er begrüßte es, dass die israelische Botschaft angesichts der Corona-Auflagen mit der Online-Gedenkveranstaltung neue Wege gegangen sei. »Dass Störer dieses Angebot missbrauchen, das Gedenken an den Holocaust verunglimpfen und sogar Überlebende respektlos behandeln, erschüttert mich«, sagte er der dpa. »Ich kann die israelische Botschaft nur ermutigen, falls noch nicht geschehen, Anzeige zu erstatten und hoffe auf einen schnellen Fahndungserfolg.«
Außenminister Heiko Maas (SPD) verurteilte den Angriff der antisemitischen Täter »als eine unbeschreibliche Schande«. Dies sei eine »bodenlose Respektlosigkeit gegenüber den Überlebenden und dem Gedenken an die Verstorbenen«, erklärte er über Twitter.
Tswi Herschel wurde nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem am 29. Dezember 1942 im niederländischen Zwolle geboren. Während seine Eltern im Sommer 1943 in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet wurden, überlebte Herschel bei einer protestantischen Familie. 1986 wanderte er nach Israel aus. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.