Von der Straße ins Hotel

Drängen auf Alternativen zu Notunterkünften

  • Reinhard Schwarz
  • Lesedauer: 2 Min.

Seit Wochen fordert die Initiative »openthehotelshamburg« die Nutzung leer stehender Hotelzimmer für Obdachlose und verweist dabei auf das Beispiel Londons. Seit der Coronapandemie stehen auch in Hamburg Tausende Hotelzimmer leer. Die Initiative legte der Sozialbehörde der Hansestadt ihr Konzept vor - doch offenbar ohne Resonanz. »Bisher gab es keine Rückmeldung«, heißt es in einer Erklärung der Initiative. »Wir sind irritiert, dass die Stadt bisher nicht tätig geworden ist«, erklärte eine Sprecherin vom »Café Exil«, eine Anlaufstelle für Migrant*innen und Flüchtlinge. »Etliche Unterkünfte des Winternotprogramms sind bereits ausgelastet oder quarantänebedingt geschlossen. Wir müssen handeln, und zwar jetzt.«

Mittlerweile hat sich ein Hotel in Hamburg-Stellingen bereit erklärt, Obdachlose in leer stehenden Zimmern unterzubringen. Ein Unternehmen hatte dafür 300 000 Euro gespendet. Das »Café Exil« sieht die Sozialbehörde indes weiter in der Verantwortung. Zumal das Geld gerade mal bis Ende April reiche. Auf ihrer Webseite erklärt die Sozialbehörde hingegen - ohne Bezug auf die »openthehotels«-Initiative zu nehmen -, dass der Belegungsschlüssel pro Zimmer in den Noteinrichtungen bereits reduziert wurde: »Neben der Bereitstellung einer Schlafstätte spielt die Betreuung eine zentrale Rolle. An allen Standorten wird durch eine angepasste, lockere Belegung die Einhaltung der gebotenen Abstände ermöglicht. Bei gegenwärtig rund 650 Nutzern in rund 300 Zimmern an allen zentralen Standorten (ohne die Einzelunterbringungen in Containern) sind durchschnittlich 2,3 Personen pro Zimmer untergebracht - nur zwei bis drei Personen teilen sich ein Zimmer.«

Kritik an der Haltung der Sozialbehörde äußert neben der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft auch der Bürgerschaftsabgeordnete Andreas Grutzeck (CDU): »Ich möchte hiermit meinen Respekt für den Einsatz der Träger für die Hotelunterbringung der vom Corona-Virus besonders gefährdeten Gruppe der Obdachlosen aussprechen.« Umso mehr irritiere ihn die Reaktion der Behörde, so Grutzeck. Die Einzelunterbringung sei eine gute Alternative zum Leben auf der Straße ohne Schutz. »Denn aus Angst vor einer Infektion meiden einige Obdachlose die Unterkünfte von fördern & wohnen (städtischer Betreiber von Notunterkünften, d. Red.), da hier zu viele Menschen auf engem Raum sind und die Unterbringung zumeist in Doppelzimmern erfolgt.« Reinhard Schwarz

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