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Nachruf statt Glückwünsche
Oliver Eberhardt über das Ende der israelischen Arbeitspartei
Eigentlich müsste an dieser Stelle ein Nachruf auf die israelische Arbeitspartei stehen. Denn einst waren die Sozialdemokrat*innen treibende Kraft im Land: Man gestaltete, und zwar mit Vision. Und fast immer war ihr Wort dabei ein Wort, auf das sich Wähler*innen und politische Gegner*innen verlassen konnten. Doch dann fing man nach der Jahrtausendwende an, die Positionen ebenso oft wie die Parteivorsitzenden zu wechseln. Nun ist man hier angekommen: in einer Regierung unter Führung Benjamin Netanjahus, obwohl man jahrelang jeden Eid schwor, das nicht zu tun.
Und es ist nicht irgendeine Koalition, der sich die vom Frust der Wähler*innen verschont gebliebenen drei Abgeordneten der Arbeitspartei anschließen. Sondern es ist eine, die am 1. Juli einen Großteil des Westjordanlands annektieren will und damit die Osloer Verträge obsolet machen wird, die einst der Sozialdemokrat Jitzhak Rabin unterzeichnete.
Währenddessen will man sage und schreibe 52 Minister*innen und Stellvertreter*innen, darunter zwei Sozialdemokraten, sowie Netanjahu und Benny Gantz auf Staatskosten regelrecht verwöhnen. Die vielen Israelis, die durch die Krise an die Armutsgrenze geraten sind, bekommen derweil zu hören, für staatliche Hilfen sei kein Geld da. Es besteht kein Zweifel: Die einst glorreiche Arbeitspartei ist am Ende ihrer Geschichte angekommen.
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