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KSK-Soldat versteckte Sprengstoff
Behörden heben Waffenlager aus / Linksfraktion: Netzwerke müssen ermittelt werden
Ein AK-47-Sturmgewehr, mehrere Ladungen Munition und eine große Menge Plastiksprengstoff: Polizeibeamte staunten nicht schlecht, als sie am Mittwochmorgen im nordsächsischen Collm bei einem Elitesoldaten der Bundeswehr ein umfangreiches Waffenversteck aushoben. Die Razzia auf dem Privatgelände des 45-jährigen Mitglieds des Kommando Spezialkräfte (KSK) erfolgte nach einem Hinweis des Militärischen Abschirmdienstes (MAD). Der Militärgeheimdienst hatte den Oberstabsfeldwebel bereits seit drei Jahren aufgrund seiner mutmaßlich extrem rechten Gesinnung im Blick, entschied sich aus bisher unbekannten Gründen aber erst jetzt zum Handeln.
Noch am Donnerstag ordnete der Haftrichter Untersuchungshaft an, da Flucht- und Verdunkelungsgefahr vorliege. Das LKA ermittelt gegen den Soldaten wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz. Die Bundeswehr hat zudem ein Disziplinarverfahren gegen den Mann eröffnet. »Für mich ist klar: Niemand, der in radikaler Art und Weise in unseren Streitkräften auffällt, hat in der Bundeswehr Platz«, sagte die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zu dem Vorfall in Berlin. Untersucht würden nun auch »mögliche Netzwerke«.
Oppositionspolitiker drängten auf eine rasche und gründliche Aufklärung des Falls. »Geklärt werden muss vor allem, woher das sichergestellte Material stammt, was der Beschuldigte damit vorhatte, ob es Mitwisser gab und wie stark er mit der rechten Szene vernetzt ist«, erklärte Kerstin Köditz von der sächsischen Linksfraktion. Die Politikerin forderte vor allem Informationen über Verbindungen des Soldaten zu Preppergruppen, dem Nordkreuz-Netzwerk und den Uniter-Verein. Hier hätten sich schon »in der Vergangenheit einige Bezüge nach Sachsen« angedeutet. Köditz kritisierte weiterhin, dass der Beschuldigte bereits seit drei Jahren im Visier der Behörden war, diese aber erst jetzt eingegriffen hatten. Zur Klärung der näheren Hintergründe hat die Politikerin eine Parlamentsanfrage gestellt.
Im Januar meldete der MAD 550 extrem rechte Verdachtsfälle in der Bundeswehr, etwa 20 davon alleine im KSK - ein mit etwa 1000 Soldaten eher kleiner Verband. Die Dunkelziffer dürfte höher sein. In den vergangenen Jahren gab es mehrere Berichte über extrem rechte Vorkommnisse bei der Eliteeinheit. Medienrecherchen deckten zudem entsprechende und miteinander verknüpfte Netzwerke in Sicherheitsbehörden und Bundeswehr auf.
Ermittlungen, darunter zum sogenannten Hannibal-Komplex, liefen nach Einschätzung von Kritikern jedoch eher halbherzig. Politiker und Polizeigewerkschaften sprachen von Einzelfällen. »Mit dem Waffen- und Sprengstoffdepot wird eine weitere Dimension gefährlicher rechtsextremer Aktivitäten in der Bundeswehr offensichtlich«, sagte Tobias Pflüger, der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag. Speziell das KSK sei »offensichtlich ein Hotspot« für rechte Umtriebe. »Wir fordern nun endlich eine lückenlose Aufklärung und ein hartes Durchgreifen des Ministeriums gegen diese rechten Netzwerke in der Bundeswehr.«
Die extreme Rechte wirbt seit Jahren um Sympathie bei Bundeswehrangehörigen. Im Herbst 2015 veröffentlichte etwa Jürgen Elsässer, Chefredakteur des rechten »Compact«-Magazins, einen »Aufruf an unsere Soldaten«. Darin ruft er zu Befehlsverweigerung und zum Besetzen von Infrastruktureinrichtungen auf. Uwe Junge, AfD-Politiker und Oberstleutnant a. D., schrieb im Sommer 2019: »Wann kommt endlich der Aufstand der Generäle?« Nicht wenige Soldaten fragen sich das offenbar auch.
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