Verrat im Blut
Personalie
Seit rund vier Jahrzehnten ist Abdul Raschid Dostum, geboren 1954 als Sohn eines Bauern in der Nähe der nordafghanischen Stadt Scheberghan, der unumschränkte Führer einer zu jeder Zeit wichtigen Minderheit in Afghanistan. Die Usbeken verstehen sich als Nachkommen Dschingis Khans. Wie der, so verlangt auch Dostum nach Adjektiven wie brutal, korrupt, skrupellos und verschlagen.
Dostum liebt ausschließlich sich. Und die Macht. Zunächst jedoch schlug er sich als Landarbeiter und Klempner durch. Mit 23 Jahren ging er zur Armee. Sowjetische Ausbilder förderten den klugen Kommandeur, der mit den Kabuler Kommunisten paktierte. Und sie verriet. Er kämpfte mit den Tadschiken gegen die Paschtunen, dann mit den Paschtunen gegen die Tadschiken. Es gelang ihm, im Norden Afghanistans ein Land im Lande zu errichten - auf säkularer Grundlage, mit eigener Währung, einer Airline und mit Frauenrechten. Um die Einheit des Landes zu erhalten, holte man Dostum sogar als Vizepräsident nach Kabul.
Doch bei allem staatsmännischen Getue, er blieb ein Warlord. Seine Truppen plündern und vergewaltigen - wenn es dem Chef gefällt. Denn der einzige nicht islamistisch geprägte Milizenführer in Afghanistan achtet auf Ordnung. Daher konnte er diverse Anschläge überleben. Nur 1997 musste er fliehen. In die Türkei.
Es gibt eine verbürgte Geschichte: Nur Tage nach den Anschlägen vom 11. September 2001 meldete sich Dostum per Satellitentelefon bei der CIA. Er bot an, den Drahtzieher des Terrors, Osama bin Laden, ans Messer zu liefern, im Bund mit den damals regierenden Taliban. Vier Wochen später empfing der Anrufer die US-Soldaten. Wohl konnten die Präzisionsbomben auf Ziele lenken, doch um diesen näher zu kommen, brauchten sie im unwirtlichen Gelände Pferde. Dostum hatte sie und gab Reitunterricht.
Zwar lasten Menschenrechtler wie Ex-Verbündete Dostum grausamste Verbrechen an, doch »um des lieben Friedens willen« kommt der Westen auch künftig nicht umhin, mit dem nun bald zum Marschall beförderten Dostum zu paktieren.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.