Afrika stemmt sich gegen die Coronakrise
Länder ergreifen Initiativen über Lockdown hinaus
Ein »flatten the curve«, ein Abflachen der Kurve, ist in Afrika noch nicht zu erkennen. Am 8. Juni gab es 190 767 bestätigte Corona-Infizierungen und 5344 bestätigte Corona-Tote. Diesen, im Vergleich mit Europa, geringen Zahlen steht der kontinuierliche Anstieg entgegen. Während Ägypten und Südafrika die höchsten Werte aufweisen, melden Länder wie Lesotho mit vier, Liberia mit 370 oder Mauritius mit 337 Infizierten geringe Zahlen. Fehlende Testeinheiten sind sicherlich ein Grund für die niedrigen Werte, aber auch politische Reaktionen. Mauritius vermeldet seit fast einem Monat kaum Neuinfektionen. Sehr frühe umfangreiche Maßnahmen zur Isolierung und Ausgangssperren führten zu den geringen Zahlen.
Südafrika hat weltweit mit die striktesten Beschränkungen eingeführt und umfangreiche Massentests angeschoben. Die Initiative wurde von der Weltgesundheitsorganisation ausdrücklich gelobt. Gleichzeitig fehlen Kapazitäten, die Tests auszuwerten und die Zahlen steigen. Ausgangsbeschränkungen in unterschiedlichen Ausmaßen wurden in fast allen Ländern eingeführt, nur wenige Ausnahmen brechen die Regel. Die Reaktion des tansanischen Präsidenten John Magufuli ist ähnlich der von Jair Bolsonaro in Brasilien: Man solle beten, dann würde das Virus niemanden etwas anhaben. Etwaige Maßnahmen lehnte er ab, was ihm Kritik seiner Nachbarstaaten einbrachte und Tansania zunehmend in Ostafrika isoliert.
Ebenso vielseitig sind die Maßnahmen, die Folgen der Krise einzudämmen. Nigeria und Kenia legten Nothilfefonds auf. Länder wie die Côte d’Ivoire haben ihre Lagerbestände an Grundnahrungsmitteln aufgestockt. Namibia hat direkte Geldtransfers an Personen im Alter von 18 bis 59 Jahren ausgezahlt, die ihre informelle Existenzgrundlage verloren haben.
Vor wenigen Tagen stellte ein Technikinstitut in Nigeria lokal hergestellte Beatmungsgeräte vor. Solche Initiativen sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, um die Folgen abzufedern. Aber sie zeigen politischen Willen und unterschiedliche Herangehensweisen, mit der Situation umzugehen. Der Blick auf einzelne Länder ist notwendig, um die Corona-Pandemie zu begreifen. Denn viele afrikanische Länder wehren sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten gegen das Coronavirus. Das nicht selten gezeichnete Bild von Afrika als handlungsunfähiges Opfer ist auch bei der Coronakrise verfehlt.
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