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Externe sollen Licht in BER-Finanzen bringen

Sonderausschuss des Landtags will Gutachter und Wirtschaftsprüfer einladen

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Unruhe macht sich am Montagnachmittag breit, als der BER-Sonderausschuss des Brandenburger Landtags zu seiner Sitzung zusammenkommt. Besorgnis, ob sich der Luftfahrtstandort in Schönefeld angesichts der Coronakrise nicht doch zu einer dauerhaft unkalkulierbaren Finanzlast für das Land entwickeln wird. Seit im Frühjahr Wirtschaftsfachleute in einem umstrittenen Beitrag in einer Berliner Tageszeitung vor einem finanziellen Desaster bei der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) gewarnt hatten, drängen die Ausschussmitglieder auf Aufklärung. Am Ende haben sie beschlossen, sowohl die externen Verfasser der Analyse als auch die Wirtschaftsprüfer der FBB zu einer gemeinsamen Sitzung mit der Flughafenspitze in den Ausschuss einzuladen, um sich deren jeweilige Bewertung der Wirtschaftslage der FBB erläutern zu lassen.

Inzwischen hat auch die Staatsanwaltschaft Cottbus Ermittlungen aufgenommen. Geprüft werde das Vorliegen eines Anfangsverdachts wegen »Unrichtiger Darstellung nach § 331 Handelsgesetzbuch« im Zusammenhang mit dem Finanzgebaren der FBB, meldete der RBB mit Berufung auf einen Sprecher der Behörde.

Die Kernbotschaft des FBB-Aufsichtsratschefs Rainer Bretschneider an die Abgeordneten gleicht sich seit Monaten: Der Hauptstadtflughafen BER wird planmäßig zum 31. Oktober 2020 in Betrieb genommen. Angesichts der Coronakrise, die auch die gesamte Zivilluftfahrt in Mitleidenschaft gezogen hat, ist das aus den verschiedensten Gründen gar nicht so selbstverständlich. »Im Moment sehen wir keine baulichen Probleme, die der Inbetriebnahme entgegenstehen«, versicherte er. »Wir haben alle baurechtlichen Genehmigungen vorliegen. Es stehen noch luftrechtliche Genehmigung am Ende des Prozesses aus, aber das dürfte unproblematisch sein.«

FBB-Geschäftsführer Engelbert Lütke Daldrup referierte die Fortschritte am BER, die er am Freitag dem Aufsichtsrat vorgetragen hatte. Das Hauptterminal T1 ist im Wesentlichen fertig. Fast alle Nutzer haben ihre Räume bezogen. Die seit dem Frühjahr laufenden Inbetriebnahmetests, das Orat-Programm, ist fast zur Hälfte absolviert; angelaufen sind die vielfältigen Tests mit insgesamt 9000 Komparsen. Ende August wird dem BER-Chef zufolge auch die Schnittstelle zwischen dem T1 und dem unterirdischen Flughafenbahnhof - lange Zeit ein Dauerproblem im Brandschutzkonzept - erprobt.

Das Gebäude der Bundespolizei auf dem BER-Areal wird am 31. Juli übergeben, bevor im August der Luftsicherheitsbereich für alle Nicht-Berechtigten abgeriegelt wird. Ob das Terminal T2 rechtzeitig zur BER-Eröffnung in Betrieb geht, ist noch nicht ganz sicher - aber offenbar kein gravierendes Problem. Seine Kapazität wird anfangs wohl nicht benötigt. »Wir haben derzeit 20 Prozent unseres normalen Flugbetriebs, und es gibt gute Aussichten, dass wir das Ziel 30 Prozent Ende Juli erreichen«, so Lütke Daldrup. Zum Start des BER rechnet er mit 40 bis 50 Prozent. Die Finanzsituation der Berliner Flughäfen ist auch aus Sicht ihres Chefs vor allem eine Folge der Krise und der kaum abzuschätzenden Dauer der Erholung des Reiseverkehrs. Die FBB hat auf striktes Sparregime umschalten müssen, das neben dem laufenden Betrieb auch Personalfragen und Investitionen betrifft. Ein Liquiditätsproblem habe man aktuell nicht, hatte Bretschneider eingangs versichert. Dennoch hat das Unternehmen bei den Gesellschaftern Corona-Hilfen in Höhe von 300 Millionen Euro beantragt. Man werde die Summe bis zum Jahresende dank eigener Sparbemühungen aber nicht vollumfänglich benötigen, so Lütke Daldrup. »Weil wir zwar etwa 300 Millionen Euro an Einnahmen verlieren, aber doch um die 50 bis 60 Millionen eigenen Sparbeitrag erbringen.«

Dennoch seien die Flughäfen auch in den kommenden drei bis vier Jahren auf staatliche Hilfe angewiesen. Neues Fremdkapital könnte am Markt nur aufgenommen werden, wenn die coronabedingten Probleme mit Hilfe der Gesellschafter gelöst werden. »Und die Probleme werden auch in 2021 und in die Folgejahre hineinragen«, sagte Lütke Daldrup.

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