Ex-Redakteurin

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Aufgabe von Bari Weiss bei der »New York Times« war eindeutig: Nachdem die Zeitung die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten nicht hatte kommen sehen, sollte Weiss als kontroverse Meinungsredakteurin das vorherrschende liberale Meinungsspektrum erweitern. »Die Zeitung hatte keine Ahnung von der Stimmung in dem Land, über das es berichtete«, so Weiss in ihrem Kündigungsschreiben an Herausgeber Arthur Gregg Sulzberger, das sie nun als offenen Brief veröffentlichte: »Ich sollte sie weniger angreifbar machen.«

Die 36-Jährige, die 2017 vom »Wall Street Journal« zur NYT geholt wurde, macht der Zeitung in dem Schreiben scharfe Vorwürfe. »Aufgrund meiner Streifzüge durch die Gefilde der ›falschen Meinungen‹ wurde ich ständig von Kollegen gemobbt, die ideologisch anderer Meinung waren«, schreibt Weiss. »Einige davon haben mich als Nazi und Rassistin beschimpft.« Die Journalistin hatte in ihrer Arbeit linke Aktivistinnen und Aktivisten, studentische Proteste und die MeToo-Bewegung kritisiert und sich für die Praxis kultureller Aneignung ausgesprochen.

Weiss, die an der Eliteuni Columbia Geschichte studiert hat, wirft der Zeitung vor, nichts aus der Wahl Trumps gelernt zu haben: Wie wichtig es sei, andere US-Amerikaner zu verstehen, Tribalismus zu widerstehen, oder wie zentral der freie Austausch für eine demokratische Gesellschaft sei. Stattdessen sei im liberalen Amerika, besonders in der NYT, ein Konsens entstanden, bei dem Wahrheit nicht ein Prozess der gemeinsamen Entdeckung sei, sondern eine »orthodoxe Haltung, die einigen wenigen Erleuchteten bekannt ist, deren Aufgabe es ist, alle anderen darüber zu informieren«. Twitter sei zum wichtigsten Redakteur der Zeitung geworden. Nur was dort goutiert wird, werde noch gedruckt, so Weiss. Die NYT teilte mit, Herausgeber Sulzberger habe nicht vor, öffentlich auf das Kündigungsschreiben zu reagieren.

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