Von wegen Ärztemangel

Betreiber Asklepios hat bei Kinderklinikschließung gelogen

Die Schließung der Kinderklinik in Parchim im vergangenen Jahr hatte eine ganze Region in Aufruhr versetzt. Es gab eine Petition, Demonstrationen, Geschäftsleute zeigten ihre Solidarität durch kleine Plakate in den Schaufenstern. Geholfen hat es nichts, die Klinik ist dicht, als »Alternative« vereinbarten Krankenhausbetreiber Asklepios und Gesundheits- und Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) die Einrichtung einer Tagesklinik.

Für die Kinderabteilung in Parchim war es ein Tod auf Raten: Zuerst hieß es mit Verweis auf einen angeblichen Weggang des Personals, man werde sie nur vorübergehend schließen, bis Ersatz gefunden sei. Dann hieß es, Stellen könnten nicht neu besetzt werden, weshalb die Abteilung geschlossen bleiben müsse. »Es ist der reine Ärztemangel, der uns dazu zwingt, das Versorgungsangebot einzustellen«, erklärte Asklepios. Nach Recherchen des ARD-Magazins »Kontraste« allerdings musste der Konzern nun einräumen, »dass er dem Chefarzt und zwei Assistenzärzten selbst gekündigt hat«. Im vergangenen Dezember hatte der Konzern das noch bestritten. Nun, mit den Recherchen konfrontiert, teilte er schriftlich mit: »Es trifft zu, dass wir dem Chefarzt ... gekündigt haben.«

Als falsch stellte sich nach Angaben des Magazins zudem die Aussage des Klinikgeschäftsführers heraus, es gebe »keine einzige Bewerbung«. Asklepios räume ein, es habe eine Bewerbung gegeben. Die Ärztin soll sich laut Konzern aber »trotz großzügigem Vertragsangebot« nicht mehr gemeldet haben. »Kontraste« bezeichnet auch diese Aussage als falsch: Es liege eine E-Mail der Bewerberin vor, in der sie ihre Bereitschaft bekunde, die Stelle anzutreten.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) kritisierte das Vorgehen des Unternehmens. Das Land habe aber leider kaum Einfluss auf das Vorgehen des Konzerns, sagte sie gegenüber »Kontraste«. Sie wolle aber dafür sorgen, »dass Politik bestimmt, welche Gesundheitsversorgung vor Ort stattfindet, und nicht Konzerne nach ihrer Gewinnorientierung«.

Die Vorsitzende der Linksfraktion im Schweriner Landtag, Simone Oldenburg, kritisierte Schwesig scharf. Ihre Reaktion sei »ein Hohn«. »Sowohl SPD als auch CDU haben unsere Forderung nach Begrenzung der Gewinnausschüttungen von Kliniken als auch die Forderung, für Kinderkliniken ein anderes Abrechnungssystem einzuführen, abgelehnt«, erklärte Oldenburg am Montag. Jetzt zu »propagieren, dass Gesundheitsversorgung mehr zählen muss als Gewinnerwartung, ist mit diesem Abstimmungsverhalten nicht in Übereinstimmung zu bringen«, so Oldenburg. Die Linksfraktion fordere eine sofortige Wiedereröffnung der Kinderstation.

Nastja Maria Lange, die die Bürgerproteste in Parchim initiiert hatte, erklärte gegenüber »nd«: »Jetzt ist bewiesen, was viele vermuteten. Asklepios ließ die Kinderklinik mutwillig geschlossen.« Man erwarte, dass sich daraus in Mecklenburg-Vorpommern Konsequenzen ergäben - für den Konzern wie für die Politik. »Ein Anfang wäre die Ausgliederung des Gesundheitsministeriums aus dem Wirtschaftsministerium in MV«, sagte Lange und fügte hinzu: »Diese zwei Themen gehören nicht in dasselbe Ministerium. Wir kämpfen weiter, bis kein Kind mehr durch solche Machenschaften zu schaden kommt.« Kommentar Seite 8

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