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Keine Ahnung und keine Lust

Drohmail-Affäre: Hessens Innenminister wie auch die Staatsanwaltschaft bleiben Antworten schuldig

  • Uwe Kalbe und Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Stimmung gerade bei der Linken, in deren Reihen sich die meisten der vom »NSU 2.0« bedrohten Personen befinden, war schon vorher schlecht - nach der Sondersitzung des Innenausschusses im Wiesbadener Landtag ist sie nicht besser. Die Oppositionsparteien SPD, Linke und FDP hatten dringliche Berichtsanträge mit insgesamt über 50 Fragen eingereicht. Darin forderten sie von Innenminister Peter Beuth (CDU) detaillierte Aufklärung über den Stand der Ermittlungen zu illegalen Datenabfragen über Polizeicomputer, zu den Drohbriefen und zur Aufdeckung organisierter rechter Strukturen bei der hessischen Polizei.

Nach der Sitzung ist bestätigt, was bereits weitgehend bekannt war. Innenminister Peter Beuth (CDU) teilte mit: Das Landeskriminalamt (LKA) habe Kenntnis von 69 rechtsextremen Drohschreiben, die mit der Unterschrift »NSU 2.0« an 27 Personen in acht Bundesländern versendet wurden. Auch in der Nacht zum Dienstag waren wieder E-Mails dieser Art verschickt worden - so an Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne), die Linke-Vorsitzende Katja Kipping, die Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, die Bundestagsabgeordneten Martina Renner (Linke) und Karamba Diaby (SPD) sowie die Staatssekretärin in der Berliner Senatskanzlei, Sawsan Chebli (SPD). In der Sammelmail, aus der die Deutsche Presse-Agentur zitierte, werden die Adressaten als »Menschendreck« beschimpft. »Wir wissen alle genau, wo ihr wohnt«, zitiert dpa weiter und: »Wir werden euch alle abschlachten.« Unterzeichnet ist die Mail erneut mit »NSU 2.0« und »Der Führer«.

Nach Auskunft Beuths wohnen neun der bisher 69 Personen, die Drohpost erhielten, in Hessen, fünf von ihnen würden vom LKA individuell betreut. Verschickt worden seien die Drohschreiben - meist per E-Mail, aber auch per Fax, SMS sowie über Internetkontaktformulare - von einer gleichlautenden Absenderadresse. Dies und auch Beuths Bestätigung, dass dabei teilweise private Informationen von drei Computern in verschiedenen Polizeidienststellen verwendet wurden, wussten die Abgeordneten schon.

Hermann Schaus ist nach dem Auftritt des Ministers jedenfalls empört. Der innenpolitische Sprecher der Linken gegenüber »nd.Der Tag«: Beuth habe sich erneut als der »falsche Mann am falschen Ort« gezeigt. »Erschüttert über die mangelnde Aufklärungsbereitschaft« von Ministerium und Ermittlungsbehörden zeigte sich gegenüber »nd.Der Tag« auch der Abgeordnete Thorsten Felstehausen, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion.

Minister Beuth habe in der Ausschusssitzung zudem wiederholt nur von »dem Täter« gesprochen und damit die fragwürdige These von einem mutmaßlichen Einzeltäter wiedergegeben, bemängelte er. Dem liege offenbar das Verständnis zugrunde, dass es sich hier nur um »Einzelversagen«, nicht aber um ein systemisches Versagen und ein Netzwerk handele. Es dränge sich der Eindruck auf, dass das Ministerium Druck auf untergeordnete Behörden ausübe, um die Ermittlungen zu bremsen. Beuth hatte noch Anfang Juni festgestellt, dass »es kein rechtes Netzwerk innerhalb der hessischen Polizei gibt« Nun kündigte er im Ausschuss weitere »Dienst- und Fachaufsichtsuntersuchungen« an.

»Beuth ist auf zentrale Fragen wieder ausgewichen«, bilanzierte der Abgeordnete Hermann Schaus (LINKE) die Sitzung. »Er hat es zu verantworten, dass die Ermittlungen teils katastrophal vor die Wand gefahren wurden und dass die hessische Polizei bundesweit teilweise als rechte Skandaltruppe im Rampenlicht steht.«

Ministerpräsident und CDU-Landeschef Volker Bouffier (CDU) hatte vor Beginn der Ausschusssitzung noch einmal seine Loyalität gegenüber Beuth unterstrichen und ihn in einem FAZ-Interview als »engagierten und erfolgreichen Minister« gewürdigt.

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