Bürger retten Bäume
Berlin. »Herzlich Willkommen im Nirgendwo«, begrüßt Clara Herrmann (Grüne) die anwesenden Journalist*innen vor dem gleichnamigen Umwelt- und Kulturzentrum. In der Grünanlage neben dem Berghain, Berlins wohl berühmtestem Techno-Club, präsentiert die Umweltstadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg (rechts im Bild) gemeinsam mit Stadtnatur-Ranger Toni Beck (links im Bild) die neuen Bewässerungssäcke für Berlins Stadtbäume. Seit diesem Sommer können sich die Bewohner*innen des Bezirks die 75-Liter-Säcke kostenlos im Bezirksamt oder bei den Ranger*innen abholen, um damit die rund 16 000 Stadtbäume Friedrichshain-Kreuzbergs vor dem Vertrocknen zu bewahren.
»Straßenbäume sind einem unheimlichen Stress ausgesetzt«, sagt Clara Herrmann. Neben der üblichen Großstadtbelastung komme seit drei Jahren anhaltende Trockenheit und Hitze hinzu. Und die tun den Bäumen gar nicht gut: 4000 bis 5000 Bäume würden normalerweise pro Jahr gefällt, seit drei Jahren sind es im Schnitt 1000 mehr - eine Steigerung um 20 Prozent, weiß Christian Hönig vom Umweltverband BUND Berlin. Um sie zu retten, hofft der Bezirk in den Sommermonaten auf die Mithilfe der Anwohner*innen bei der Bewässerung.
Mit wenigen Handgriffen wickelt die Umweltstadträtin den Sack um einen Birke und befüllt ihn mit Wasser. Durch die Löcher im Boden tropft das Wasser langsam in den Boden und gelangt dann direkt zu den Wurzeln. Nach etwa neun Stunden ist der Sack leer. Wer das einmal pro Woche macht, dient den Bäumen mehr als mit einer gut gemeinten Ladung aus der Gießkanne, erklärt Hönig. Denn dabei besteht die Gefahr, dass das Wasser an der Erdoberfläche bleibt und die wichtige Sauerstoffzufuhr zu den Wurzeln abschneidet. Welche Bäume Hilfe benötigen, lässt sich leicht erkennen: »Eingerollte Blätter sind ein eindeutiges Zeichen, dass der Baum Wasser braucht«, so Hönig. Sobald der Baum keine Blätter mehr hat, braucht er auch nicht mehr gegossen zu werden - der Baum ist dann entweder tot oder es ist Herbst und er kommt allein klar.
Friedrichshain-Kreuzberg ist nicht der einzige Bezirk, der vertrocknenden Stadtbäumen den Kampf angesagt hat. In Mitte setzt man dabei auf moderne Technik: Mit Feuchtigkeitssensoren, die an der Baumscheibe installiert sind, wird ermittelt, ob ein Baum Wasser benötigt und wie viel die Beschäftigten des Straßen- und Grünflächenamts gießen müssen. Dabei helfen sie auch zu bestimmen, welche Baumarten für welchen Standort am besten geeignet sind, um mehr klimaresistente Arten pflanzen zu können. Mehr als 180 Bäume in 40 Straßen sind mittlerweile mit den Sensoren ausgestattet, die alle zwei bis drei Wochen per Hand ausgelesen werden. Für Bezirksstadträtin Sabine Weißler (Grüne) ein wichtiger Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels: »Bäume tragen nicht nur zur Aufenthaltsqualität in Wohngebieten bei. Sie sind auch unverzichtbar für ein gutes Stadtklima.« Marie Frank
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