Zwölf Euro Glaubwürdigkeit

Simon Poelchau bezweifelt eine deutliche Mindestlohnanhebung

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn SPD-Politiker*innen mal wieder die wachsende Ungleichheit beklagen und versprechen, etwas dagegen zu machen, dann ist das so eine Sache: Auf der einen Seite hat man vielleicht noch nicht ganz die Hoffnung aufgegeben, dass diesmal wirklich etwas geschieht, auf der anderen Seite muss man immer daran denken, dass der letzte SPD-Kanzler aufgrund der Agenda 2010 reichlich Mitschuld an der ganzen Misere hat und die Partei seitdem in unzähligen Jahren in der Großen Koalition immer noch nicht die Wende und den großen Wurf gegen die soziale Ungerechtigkeit geschafft hat. Insofern ist auch zu bezweifeln, ob Arbeitsminister Hubertus Heil Worten Taten folgen lässt und den Mindestlohn auf zwölf Euro anhebt.

Dass Heil nun das Versprechen gemacht hat, mit der anstehenden Novellierung des Mindestlohngesetzes auch bei der Höhe der Lohnuntergrenze etwas zu machen, ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. SPD und Gewerkschaften fordern schon länger eine Anhebung auf zwölf Euro. Und im Gegensatz zu den Arbeitervereinigungen und der Opposition sind die Sozialdemokraten schon lange in Regierungsverantwortung. Doch um ihre Versprechen auch umzusetzen, dafür müssen sie sich auch gegen den großen Koalitionspartner Union durchsetzen können - und wollen. Ein halbherziger Kompromiss, mit dem alle leben können, aber keiner zufrieden ist, reicht beim Mindestlohn nicht aus. Doch dass die Union eine Anhebung auf zwölf Euro per Gesetz in Zeiten der Coronakrise zulässt, ist stark zu bezweifeln. Deren Wirtschaftsflügel hat schon wegen der von der Mindestlohnkommission empfohlenen Anhebung bis Juli 2022 auf 10,45 Euro gemeckert.

Aber liefert die SPD diesmal nicht, verliert sie weiter an Glaubwürdigkeit und rutscht vielleicht bald selber unter zwölf - Prozent.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.