Museumswaffen könnten zur Gefahr werden

Chef eines Flugzeug-Vereins verliert Prozess wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Hammer und Zirkel im Ährenkranz an der Außenhaut der Antonov An-2 verblassen langsam, künden nur noch schwach vom Dienst in der Nationalen Volksarmee der DDR, den das von Propellern angetriebene Transportflugzeug 1978 aufgenommen hatte. Es verbringt seinen Ruhestand im 1200 Einwohner kleinen Ort Neuenkirchen in Mecklenburg-Vorpommern auf dem Areal des »Interessenvereins Luftfahrt«, einem ehemaligen LPG-Stützpunkt.

Insgesamt 24 ausgemusterte ältere Flugmaschinen - militärische und zivile - sind in dem Ort im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte zu sehen. Darunter MiG-Jäger aus sowjetischer Produktion, ein Hubschrauber K 26, wie er noch im Vorspann alter »Polizeiruf 110«-Filme abhebt, und sogar Bomber aus dem Arsenal der Bundeswehr. Alles für interessierte Besucherinnen und Besucher, alles zum Angucken und Anfassen, aber nicht mehr einsatzfähig, sondern entmilitarisiert. Das dachte der Verein. Die Staatsanwaltschaft aber war anderer Ansicht - und schon gab es ein Strafverfahren.

Der Vorsitzende der Gemeinschaft, die ihre Exponate wegen der Coronakrise zurzeit nicht der Öffentlichkeit präsentiert, musste sich am Dienstag als Verantwortlicher des Vereins vor dem Schöffengericht in Neubrandenburg wegen eines schwerwiegenden Vorwurfs verantworten. Denn die Anklagebehörde vermutete einen Verstoß gegen das von empfindlichen Strafen flankierte Kriegswaffenkontrollgesetz und weitere waffenrechtliche Vorschriften.

Wusste doch die Staatsanwaltschaft, dass der Verein in seinem kleinen »Museum« auch Flugzeug-Bordkanonen ausstellt. Zwar seien die Schießgeräte in einen unbrauchbaren Zustand versetzt worden, doch sie ließen sich auch wieder scharfmachen, befürchtete die Behörde. Dann aber wären sie Kriegswaffen, so die Anklage sinngemäß. Auch zwei alte Repetiergewehre sowie Munition, die zur Ausstellung in Neuenkirchen gehören, hätten dort nicht sein dürfen, hieß es seitens der Justiz.

Die Bordkanonen könne man keinesfalls so einfach wieder einsatzfähig machen, versuchte der Vereinsvorsitzende dem Gericht zu vermitteln. Immerhin seien die Läufe mit Beton ausgegossen. Selbst wenn man den heraus bekommen würde, seien noch spezielle Bohrarbeiten vonnöten, damit die alten Exponate wieder zu scharfen Waffen werden.

Waffen oder nicht? Um diese Frage zu klären, hörte das Gericht einen Sachverständigen, einen Mitarbeiter des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr in Dresden. Dessen Stellungnahme ließ sich entnehmen: Die Bordkanonen hätten besser blockiert werden müssen. Zwar seien die beanstandeten Waffen aktuell nicht mehr als solche verwendbar, aber mit einiger Mühe und Fachwissen lasse sich die »Demilitarisierung« durchaus wieder rückgängig machen, so der Experte.

Weil dies möglich sei, müsse sich der Angeklagte eine »fahrlässige unerlaubte Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen« vorhalten lassen, hinzu komme der rechtswidrige Besitz von Schusswaffen und Munition befand das Schöffengericht. Es verhängte eine Geldstrafe: Der Vorsitzende des Vereins muss 2700 Euro zahlen. Er nahm die Entscheidung an, auch die Staatsanwaltschaft hatte keine Einwände. Somit ist das Urteil rechtskräftig.

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