Nicht dialogbereit
Proteste in Belarus gehen weiter
Minsk. Trotz der anhaltenden Proteste mit zahlreichen Festnahmen und Verletzten in Belarus nach der umstrittenen Präsidentenwahl sieht Staatschef Alexander Lukaschenko keinen Grund für einen Dialog mit seinen politischen Gegnern. Auf einer Sitzung zu Fragen der nationalen Sicherheit sagte er, dass jetzt vor allem die verfassungsmäßige Ordnung geschützt und das »normale Funktionieren der Staatsorgane« gesichert werden müsse. Bei Auseinandersetzungen in der Stadt Brest im Südwesten von Belarus seien zum »Schutz des Lebens und der Gesundheit« der Sicherheitskräfte Schusswaffen zum Einsatz gekommen, teilte das Innenministerium am Mittwoch mit. Dabei sei mindestens eine Person verletzt worden.
Der seit mehr als 26 Jahren amtierende Staatschef war am Sonntag zum sechsten Mal in Folge zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt worden. Offiziellen Angaben zufolge erhielt Lukaschenko 80,2 Prozent der Stimmen, die Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja kam demnach nur auf 9,9 Prozent. Die 37-Jährige erklärte sich ihrerseits zur Siegerin. Internationale Wahlbeobachter waren nicht zugelassen, die Opposition spricht von Wahlfälschung. Gegen die Proteste mit Aufrufen zum Dialog, nach einer Neuauszählung der Stimmen und der Absetzung des Präsidenten geht die Staatsmacht mit großer Härte vor, dabei kommen Wasserwerfer, Tränengas, Blendgranaten und Gummigeschosse zum Einsatz. Menschenrechtler beklagen, dass Schlägertrupps in schwarzen Uniformen und Masken ohne Erkennungsmarken auf unbewaffnete Bürger einschlagen. Die Polizei geht auch gezielt gegen Pressefotografen vor. Am Dienstag war Tichanowskaja nach Litauen ins Exil gegangen.
Die EU-Außenminister verurteilten am Mittwoch die Polizeigewalt und drohten der Führung von Belarus mit Sanktionen. US-Außenminister Mike Pompeo sagte während seines Besuchs in Prag: »Wir wollen, dass die Menschen in Belarus die Freiheiten erhalten, die sie einfordern.« Friedliche Proteste müssten geschützt werden, betonte der Vertreter der Trump-Administration. pst/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.