Polizeiminister auf Krawallkurs
Thüringens Innenressortchef will die Landes-SPD führen und kritisiert öffentlich Linke und Grüne
Es vergeht derzeit keine Woche, in der Thüringens Innenminister Georg Maier nicht in der Öffentlichkeit präsent ist. Die Zeiten dafür sind denkbar günstig, auch wenn die Anlässe oft eher unerfreulich sind: Übergriffe von Neonazis, Demonstrationen von zumindest teilweise extrem rechten Corona-Leugnern oder die laufenden Prozesse gegen die mutmaßlichen Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und den Attentäter von Halle: Die Ansichten und Pläne eines Innenressortchefs zu diesen Themen sind derzeit gefragt - besonders, wenn er sich so sehr als Polizeiminister versteht wie der SPD-Politiker. Es gibt kein anderes Themenfeld, für das sich der 53-Jährige so sehr engagiert wie die Arbeit der Polizisten.
Maier, der Landesvorsitzender der SPD werden will, nutzt das Medieninteresse offenkundig geschickt aus. Ambitionen auf dieses Amt werden ihm schon lange nachgesagt. Doch erst im Juni haben ihn unter anderem der SPD-Landesvorstand und der Landesverband der Nachwuchsorganisation der Partei dafür nominiert. Zudem ist er designierter Spitzenkandidat zur Landtagswahl im Frühjahr. Die Nominierung dürfte Maier gelegen kommen, denn es macht sich immer besser, sich bitten zu lassen, als sich offensiv zu bewerben. Noch dazu, wenn man wie der in Baden-Württemberg Geborene Schwierigkeiten hat, seine Verwurzelung in Thüringen glaubhaft zu machen. Zwar betont Maier immer wieder, wie sehr er im Freistaat angekommen sei, dass er seinen Lebensmittelpunkt Friedrichroda habe. Doch Kritiker weisen immer wieder zumindest indirekt darauf hin, dass der Ex-Banker jenseits eines kurzen dienstlichen Abstechers nach Erfurt in den 1990er Jahren erst seit 2015 in Thüringen lebt. Damals hatte ihn Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee als Staatssekretär ins Land geholt - der Mann also, den Maier nun als SPD-Landeschef beerben will.
Wenngleich man Maier abnehmen darf, dass er den Kampf gegen rechts ernster nimmt als seine Amtsvorgänger: Derzeit nutzt er öffentliche Auftritte offenkundig, um seine Bekanntheit ebenso wie seine Beliebtheit bei den eigenen Genossen zwecks Verbesserung der Chancen bei der Wahl des Landesvorstands Ende September zu steigern.
Auffällig ist, dass Maier sich gern an den Koalitionspartnern der Sozialdemokraten in der Erfurter Staatskanzlei wie auch im Landtag reibt. Immer wieder teilt er vor allem gegen die Linke-Innenpolitikerin Katharina König-Preuss, aber auch gegen die Grünen-Parlamentarierin Madeleine Henfling aus. Und zwar selbstverständlich öffentlich, egal, ob beim Kurznachrichtendienst Twitter oder per Zeitungsinterview. So sagte er der »Thüringischen Landeszeitung«, König-Preuss und ihre »Klientel« hätten nun, da er den Neonazis den Kampf angesagt habe, Angst, »ein Alleinstellungsmerkmal« zu verlieren.
Und inzwischen teilt Maier auch gegen den linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow aus. Der habe »eine Schwelle überschritten«, als er jüngst einem AfD-Abgeordneten den Stinkefinger gezeigt habe, befand er. Überhaupt habe die SPD das rot-rot-grüne Bündnis zuletzt beinahe aufgekündigt, ließ er die »Welt« wissen: »Um es klar zu sagen: Es gab Momente, da waren wir kurz davor hinzuschmeißen.« Ein Geheimnis ist das schon lange nicht mehr. Dass Maier das öffentlich sagt, ist dennoch ein Tabubruch.
Mit seinem Krawallkurs schafft es Maier offenbar zumindest, den Burgfrieden zu festigen, den er mit innerparteilichen Widersachern geschlossen hat. Die gruppieren sich insbesondere um die Landtagsabgeordnete Diana Lehmann. Selbst bei links fühlenden Politikern der SPD gibt es große Unzufriedenheit mit Linken und Grünen, die Maier zu kanalisieren weiß. Andererseits macht er sich dadurch bei den Koalitionspartnern noch unbeliebter.
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