Einheitsfest mit großem Abstand
Bundesländer präsentieren sich in Potsdam weit verteilt und auf 30 Tage gestreckt
Wenn am 5. September in Potsdam das Fest zum 30. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung beginnt, dann wird es im Zeichen der Corona-Pandemie stehen, die Form und Inhalt der Festlichkeiten prägen wird. Sonst aber bleibt es beim abstrichlosen Optimismus. Kritik daran, wie die Wiedervereinigung gelaufen ist, oder auch nur Nachdenklichkeit werden keinen Platz haben.
Am vergangenen Freitag stellte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) den Veranstaltungsplan für die 30-tägige Einheits-Expo zum Tag der deutschen Einheit vor. Wie schon vor 16 Jahren wird Potsdam die zentralen Einheitsfeierlichkeiten ausrichten, doch wegen Corona habe man sich für die lange Dauer entschieden, das heißt für eine »Entzerrung«. Es gilt laut Woidke, dem Zusammenballen von Menschenmassen möglichst zu entgehen.
Ursprünglich hatte die Staatskanzlei ein Fest für 500 000 Menschen geplant. Nun habe man aus der Not eine Tugend machen müssen und unter dem Motto »30 Jahre - 30 Tage - 30 Mal Deutschland in Potsdam« einen ausgedehnten Rundgang mit 30 Stationen vorbereitet, die relativ weit auseinanderliegen. Neben dem Land Brandenburg werden sich alle anderen Bundesländer und auch Institutionen wie Bundespräsident, Bundesrat und Bundestag präsentieren. Unter anderem Sachsen und Bayern werden von der Möglichkeit Gebrauch machen, sich an einem Tag besonders in den Mittelpunkt zu rücken und in Szene zu setzen.
Ein besonderes »Highlight« wird der »Zipfelbund« sein, der gemeinsame Ausstellungsstand jener vier deutschen Ortschaften, die jeweils am weitesten nördlich, östlich, südlich und westlich liegen. Das wären dann also List auf der Insel Sylt, Görlitz, Oberstdorf und Selfkant. Der große Festakt zum 3. Oktober findet mit dem gebotenen Abstand in der Metropolishalle in Potsdam-Babelsberg statt. Die höchsten Repräsentanten und »Bürgerdelegationen« aller Bundesländer sollen dorthin kommen.
In der Brandenburg-Präsentation werden laut Ministerpräsident die Boxhandschuhe von Henry Maske und der Champions-League-Pokal der Frauenfußballmannschaft Turbine Potsdam zu sehen sein, auch das modernste Elektroflugzeug der Welt, gebaut von Rolls Royce in Brandenburg. Ferner werde an die beliebte Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD) erinnert, die im Jahr 2001 verstarb, und an den »Siegeszug«, den die Poliklinik von Brandenburg ausgehend in Deutschland angetreten habe. »Regine hat einst nicht aus Ostalgie für eine Perspektive der Polikliniken gekämpft, sondern aus medizinischer Überzeugung«, sagte Woidke. »Und sie hat recht behalten.«
Die Stadt Potsdam gestaltet das Areal vor dem Filmmuseum und wird unter der Überschrift »30 Jahre - 30 Paare« Ost-West-Beziehungen vorstellen, sagte Dieter Jetschmannegg, der den erkrankten Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) vertrat. Jetschmannegg bezeichnete Potsdam als einen Mini-Nukleus der deutschen Einheit. Es werde auch um die Frage gehen, »wie viel DDR oder Nicht-DDR« sich die Stadt heute gestatte. Vorbereitet werde weiterhin ein »Boulevard des Films« und eine »interkulturelle Woche«, auf der ein Toleranzpreis verliehen wird.
Woidke dankte den vielen Partnern aus ganz Deutschland, die sich auf diese spezielle Form der nationalen Feier eingelassen haben. »Absagen des Jubiläums war für mich nie eine Alternative, denn die Monate zwischen friedlicher Revolution und Deutscher Einheit gehören in vielen Familien hierzulande zu den prägendsten Lebensmomenten«, sagte der Ministerpräsident.
Das 31. Einheitsfest im kommenden Jahr soll Sachsen-Anhalt in Halle ausrichten.
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