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Über Hessen hinaus

»NSU 2.0«-Komplex weitet sich nach Berlin und Hamburg aus

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Komplex um die »NSU 2.0«-Drohschreiben weitet sich aus. Nach Recherchen der »Süddeutschen Zeitung« und des »WDR« laufen interne Ermittlungen wegen unberechtigter Datenabfragen der Polizei nun neben Hessen auch in den Bundesländern Hamburg und Berlin. Demnach sollen Anfang März 2019 persönliche Daten der Künstlerin İdil Baydar, bekannt für ihre Kunstfigur Jilet Ayşe, an einem Berliner Polizeicomputer abgefragt worden sein, ohne dass ein dienstlicher Grund dafür ersichtlich war. Kurz darauf erhielt die Kabarettistin Drohschreiben mit dem Absender »NSU 2.0«. Die Berliner Polizei wollte sich zu der Abfrage gegenüber Medien nicht äußern. Eine weitere unberechtigte Suche nach Baydar hatte es auch an einem Polizeicomputer in Wiesbaden gegeben. »Ich hatte schon mal die Befürchtung, dass die Drohschreiben auch mit Berlin zu tun haben«, sagte Baydar gegenüber dem »WDR«.

In Hamburg hatten nach Erkenntnissen der Ermittler wiederum Polizisten die Daten der Autorin Hengameh Yaghoobifarah im Polizeisystem aufgerufen. Yaghoobifarah erhielt kurz darauf ebenfalls eine Drohmail, die mit »NSU 2.0« unterzeichnet war. Ob diese Abfragen unberechtigt erfolgten, werde aktuell noch geprüft, hieß es von der Hamburger Polizei. Die Autorin hatte jüngst in der »taz« einen satirischen Text über die Polizei geschrieben, für den sie zahlreiche Anfeindungen und Drohungen erhielt.

Drohschreiben mit der Kennzeichnung »NSU2.0« reisen derweil nicht ab. Im Thüringer Landtag war erst am Mittwoch eine verdächtige Briefsendung geöffnet worden, in der sich eine unbekannte Substanz befunden hatte. Nach ersten Tests konnte ausgeschlossen werden, dass es um einen chemischen oder explosiven Stoff handelte, wie die Polizei mitteilte. Eine Evakuierung des Landtags war nicht notwendig. Das Pulver wird den Angaben zufolge noch in einem Labor getestet. Polizei, Feuerwehr und Spezialisten des Landeskriminalamtes konnten nach rund zwei Stunden ihren Einsatz beenden. Der Brief war an den früheren Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Dirk Adams, adressiert, wie die Pressestelle des Landtags mitteilte. Als Absender sei »NSU 2.0« angegeben gewesen. Bereits Anfang August sei ein vergleichbares Schreiben ebenso bei der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Thüringer Landtag eingegangen, hieß es.

Seit mittlerweile zwei Jahren terrorisieren die Verfasser der »NSU-2.0«-Drohschreiben verschiedene Personen des öffentlichen Lebens, darunter vor allem antifaschistische Frauen. In dem Komplex gehen hessische Ermittler inzwischen von mindestens 99 Fällen aus. Davon werden 17 Schreiben Trittbrettfahrern zugeordnet, wie Innenminister Peter Beuth (CDU) jüngst in Wiesbaden im Innenausschuss des Landtags erklärte. Die Drohschreiben richteten sich an rund 28 Menschen und Institutionen in acht Bundesländern. Die Briefe seien fast immer von einer gleichlautenden Absenderadresse verschickt worden, erläuterte Beuth. Überwiegend sei der Versand per E-Mail geschehen, aber auch per Fax, in zehn Fällen per SMS sowie über Internetkontaktformulare.

In mehreren Fallen beinhalteten die Schreiben interne Informationen, die nur Behörden zugänglich sind. Innenminister Beuth schließt rechte Netzwerke in der Polizei mittlerweile nicht mehr aus. Das hessische LKA konnte die Urheber bisher jedoch nicht ausfindig machen. Mit Agenturen

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