Patienten-Sicherheit vor Behandlungskapazität

Brandenburgs Kliniken und Praxen mussten wegen der Corona-Pandemie erhebliche finanzielle Verluste verkraften

  • Christian Bark
  • Lesedauer: 2 Min.

Getrennte Versorgungsbereiche, andere Wegeführungen und maximal Zwei-Bett-Zimmer: Im Ernst von Bergmann Klinikum in Potsdam etwa gibt es derzeit maximal 870 Betten, sonst 1098. »Patientensicherheit hat hier einfach höchste Priorität, auch wenn wir so auf rund 20 Prozent unserer Bettenkapazität verzichten müssen«, sagt Geschäftsführer Tim Steckel.

Durch den Rettungsschirm des Bundes erhalten die Kliniken für jedes nicht belegte Krankenhausbett eine Ausgleichszahlung. »Das kompensiert derzeit einen Teil der Minderbelegung«, sagt Kliniksprecherin Theresa Decker. Ein erhebliches wirtschaftliches Risiko entstünde aber ab 1. Oktober, sollten dann keine Ausgleichszahlungen mehr fließen. Müsse dann weiter mit 20 Prozent weniger Belegung gearbeitet werden, könne das Jahresergebnis durch diesen Einmaleffekt achtstellig negativ werden, sagte sie.

Für Maximalversorger wie das Carl-Thiem-Klinikum in Cottbus ist die sogenannte Freihaltepauschale »nicht auskömmlich«, wie Klinikgeschäftsführer Götz Brodermann sagt. Die Vorhaltekosten seien höher als die gezahlte Pauschale. »Die Verluste bewegen sich im siebenstelligen Bereich«, erklärt er.

Auch für niedergelassene Ärzte führt die Pandemie zu herben Einschnitten. »Bereits im ersten Quartal 2020 konnten wir einen Rückgang der Behandlungszahlen verzeichnen«, sagt Christian Wehry, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg. Dieser werde sich im zweiten Quartal noch verstärkt haben und in einzelnen Praxen 50 Prozent erreichen. Durch das »Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz« sei auch ein Schutzschirm für die ambulant tätigen Ärzte erkämpft worden. »Niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten, die aufgrund der Pandemie deutliche Umsatzrückgänge hatten, erhalten einen finanziellen Teilausgleich«, sagt Wehry.

Personalabbau gab es aber bisher nicht. »Kurzarbeit musste einzig in der Cateringgesellschaft am Klinikum zum 1. Juni aufgrund mangelnder externer Aufträge in Folge der Corona-Pandemie eingeführt werden«, so Bergmann-Sprecherin Decker. Betroffen seien 11,5 Prozent der Beschäftigten der Tochtergesellschaft gewesen. Um die Auswirkungen für Mitarbeiter möglichst gering zu halten, wechselten sie sich in Kurzarbeit ab.

In Cottbus hat das Klinikum in den Tochterfirmen Thiem Service und Thiem Reinigung zum Teil Kurzarbeit bei vollem Lohnausgleich angeordnet. Derzeit versuche man, unter Corona-Bedingungen den Regelbetrieb wieder aufzubauen, hieß es. »Durch die infektiologischen Rahmenbedingungen können nicht alle Betten wie vor der Pandemie belegt werden. Die maximale Auslastung liegt derzeit bei 70 Prozent«, sagt Geschäftsführer Brodermann. Alle stationär aufgenommenen Patienten würden auf Corona getestet und bis zum Vorliegen des Testergebnisses isoliert. Das Personal teste man stichprobenartig.

Das Potsdamer Klinikum hofft, wie es heißt, auf Unterstützung vom Gesellschafter, der Stadt. Müsse man doch neben den coronabedingten Lasten auch die Einführung des Tarifvertrags für die Klinikgruppe am Standort Potsdam verkraften. dpa/nd

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