Neue Gleise müssen schneller kommen
Immer mehr Initiativen fordern mehr Kapazität und bessere Verbindungen bei der Bahn
Mal verlängert sich die Fahrtzeit um 20 Minuten, mal um eine satte Stunde. Wegen Verspätungen verpasste Anschlusszüge gehören für Pendler, die zwischen Berlin und Brandenburg über Hennigsdorf unterwegs sind, seit vielen Jahren zum Alltag. Am Donnerstag wurde dem Brandenburger Infrastrukturministerium in Potsdam eine von über 2000 Menschen gezeichnete Onlinepetition übergeben. »Wir fordern daher einen Runden Tisch für mehr Pünktlichkeit auf den Regionalzuglinien RE6 und RB55, damit sich Land, Verkehrsverbund und die verschiedenen Teile des Bahnkonzerns nicht hinter dem Zuständigkeitswirrwarr verstecken«, sagt Initiator Alexander Moser-Haas, der auch Ortsvorsitzender der Linken in Velten ist. Für viele Verbindungen ist Hennigsdorf der Umstiegspunkt. Auf direktem Wege geht es nur mit der alle 20 Minuten verkehrenden S-Bahnlinie S25 nach Berlin, die RB20 bindet Potsdam und Oranienburg an.
Gefordert wird vor allem die schnelle Umsetzung der Projekte aus dem Eisenbahn-Infrastrukturausbauprogramm i2030 der Länder Berlin und Brandenburg sowie der Deutschen Bahn AG. Die Länder strecken dabei die Planungskosten vor, damit die Planungen schnell aufgenommen werden. Laut einer Antwort der Berliner Senatsverkehrsverwaltung auf eine Schriftliche Anfrage des SPD-Abgeordneten Tino Schopf ist zwischen Hennigsdorf und Velten eine Inbetriebnahme der Bahnausbauten für Ende 2031 vorgesehen, zwischen Berlin-Schönholz und Hennigsdorf Mitte der 2030er Jahre.
Sehr lange Realisierungszeiträume
»Das dauert alles viel zu lange«, sagt Michael Wedel, Brandenburger Landesvorsitzender des Deutschen Bahnkundenverbandes, zu »nd«. Ihm liegt ganz besonders die Wiederinbetriebnahme der sogenannten Stammbahn am Herzen. Diese wurde 1838 als erste Eisenbahnstrecke Preußens eröffnet und führte einst vom Berliner Zentrum über Zehlendorf und Düppel auf direktem Weg nach Potsdam. Zwischen Potsdamer Platz und Zehlendorf fährt dort heute die S1.
Bereits Ende Juli verfassten Bürgerinitiativen, Bahnkundenverbände, der Umweltverband BUND und die Eisenbahnergewerkschaft EVG einen gemeinsamen offenen Brief an Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) sowie Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU). Die klare Forderung: Beide Länder sollen die Vorplanung für den Wiederaufbau der Strecke als Regionalbahn beauftragen. Offiziell wird auch noch eine Wiederinbetriebnahme als S-Bahn geprüft. »Nur als Regionalbahnstrecke kann eine Alternative für die bis an die Kapazitätsgrenze ausgelastete Berliner Stadtbahn zwischen Charlottenburg und Ostbahnhof geschaffen werden«, nennt Michael Wedel einen gewichtigen Grund für das Drängen. Laut Senatsverkehrsverwaltung könnte mit den Bauarbeiten als Fernbahnstrecke frühestens im Jahr 2032 begonnen werden, eine Inbetriebnahme spätestens 2039 erfolgen.
Bei solchen Realisierungszeiträumen ist es absolut schleierhaft, wie die Bahn ihr ausgegebenes Ziel erreichen will, die Passagierzahl im Fernverkehr bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln, ohne dass der Regionalverkehr eingeschränkt wird. Zumal für die Stammbahn im Fahrplankonzept Deutschlandtakt in Berlin-Schöneberg auch ein Abzweig auf den Eisenbahnring Richtung Ostkreuz vorgesehen ist. »Eine sehr charmante Idee, die unbedingt realisiert werden sollte«, findet Wedel. Denn auch der Nord-Süd-Tunnel der Fernbahn Richtung Gesundbrunnen ist bald am Limit. »Unsere Ur-Ur-Großväter und -mütter haben wesentlich vorausschauender geplant und gebaut als es heute geschieht«, kritisiert Wedel. »Da müssen wir wieder hinkommen.«
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