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Ungeliebter Gigant

Die Disqualifikation beim Grand Slam in New York ist für Tennisprofi Novak Djokovic ein weiterer Rückschlag im Kampf um Zuneigung

  • Kristina Puck und Lars Reinefeld, New York
  • Lesedauer: 4 Min.

Nach seinem folgenschweren Ausraster bei den US-Open düste Novak Djokovic schnell davon. Auf dem Beifahrersitz verließ der serbische Weltranglistenerste jenen Ort, an dem er eigentlich eine Woche später seinen 18. Grand-Slam-Titel feiern wollte. Alles war angerichtet: Seine größten Rivalen Rafael Nadal und Roger Federer fehlten, Djokovic selbst zeigte sich in guter Verfassung und war 2020 noch ungeschlagen. Doch dann warf sich der 33-Jährige mit einer Disziplinlosigkeit selbst aus dem Turnier und öffnete damit die Tür für einen neuen Champion.

Durch diese möchte Alexander Zverev gehen. »Nun wird es interessant«, sagte der 23-Jährige. »Ich bin nicht der Einzige, der eine Chance hat. Ich hoffe, dass ich mich weiter im Turnier entwickeln kann«, sagte die deutsche Nummer eins, die nach dem 6:2, 6:2, 6:1-Achtelfinalsieg am Sonntag gegen den Spanier Alejandro Davidovich Fokina an diesem Dienstag auf den Kroaten Borna Coric trifft.

Djokovic wird New York dann schon verlassen haben. In seinem Achtelfinale gegen den Spanier Pablo Carreno Busta hatte der Serbe am Sonntag nach einem verlorenen Aufschlagspiel im ersten Satz wütend einen Ball weggeschlagen und dabei eine Linienrichterin getroffen. Es war keine Absicht, aber die Frau war zu Boden gegangen und hatte danach sichtlich Probleme mit der Atmung. Djokovic schien selbst völlig erschrocken und entschuldigte sich sofort. Den Regeln entsprechend wurde er dennoch disqualifiziert.

Das turbulente Jahr des 33-Jährigen ist damit um eine weiter Story reicher. Zu Beginn der Saison hatte Djokovic die Szenerie fast nach Belieben dominiert und bei den Australian Open und in Dubai die Titel gewonnen. Danach legte der Coronavirus die komplette Tour lahm - und für Djokovic nahm das Unheil seinen Lauf. Bei der von ihm selbst organisierten Adria Tour sorgten der Serbe und andere Spieler wie Zverev oder der Österreicher Dominic Thiem mit Partybildern inmitten der Pandemie für negative Schlagzeilen. Djokovic und seine Frau Jelena wurden selbst positiv auf Covid-19 getestet. Reue aber zeigte er auch mit etwas Abstand nicht. »Wenn ich die Gelegenheit hätte, die Adria Tour noch einmal zu machen, würde ich es wieder tun«, sagte er der »New York Times«.

Nach der Wiederaufnahme der ATP-Tour überzeugte Djokovic mit dem Erfolg beim von Cincinnati nach New York verlegten Masters zunächst wieder sportlich. Doch unmittelbar vor Beginn der US-Open versetzte er mit der Gründung einer neuen Spielergewerkschaft die Branche erneut in Aufruhr. Seine Erzrivalen Nadal und Federer machten aus der Ferne sofort ihre Ablehnung öffentlich. Es ist das nächste Kapitel in der Auseinandersetzung der Großen Drei. Nichts wünscht sich Djokovic sehnlicher, als dass ihm die gleiche Anerkennung zuteil wird wie Nadal und Federer - der Spanier und der Schweizer werden weltweit verehrt. Djokovic hat die »Süddeutsche Zeitung« dagegen einst als »ungeliebten Giganten der Großen Drei« bezeichnet.

Im Streben nach Zuneigung, Akzeptanz und Ruhm scheint sich Djokovic nun verzettelt zu haben. »Ich habe das Gefühl, dass Novak zu viel auf seinem Teller hatte. Zu versuchen, die US-Open zu gewinnen, ist bereits eine große Sache. Diese Spielerorganisation zu starten und eine Kampagne zu führen, um Spieler davon zu überzeugen ist ein Fulltime-Job und jede Menge Extrastress. Niemand kann es sich leisten, während eines Grand Slams den Fokus zu verlieren«, äußerte der in der Tennisszene anerkannte Trainer von Serena Williams, Patrick Mouratoglou.

Djokovic, der die in New York geholten Ranglistenpunkte und das Preisgeld verliert, bat einige Stunden nach seinem Black Out in den sozialen Medien um Verzeihung. Die obligatorische Pressekonferenz hatte er noch geschwänzt - ein weiteres eines Branchenprimus unwürdiges Verhalten. Nun zeigte sich der Serbe zerknirscht. »Diese ganze Situation lässt mich wirklich traurig und leer zurück«, schrieb Djokovic, er wolle die Vorfälle als »Lektion« für sich sehen.

Doch der Makel, bei einem Grand-Slam-Turnier disqualifiziert worden zu sein, wird ihm sein Leben lang anhaften. Federer und Nadal gelten als Gentlemen der Tennisszene. Djokovic nun eher als Rüpel und als einer, der auf der Suche nach Liebe und Anerkennung die Nerven verloren hat.dpa/nd

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