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Mehr Geld für mehr Belastung
Beschäftigte und Gewerkschaft fordern von der Geschäftsführung des Krankenhauses Eisenhüttenstadt einen neuen Tarifvertrag
Am Freitag geht der Tarifstreit am städtischen Krankenhaus Eisenhüttenstadt in die vierte Runde. Bisher sind alle Versuche einer Einigung gescheitert: Seit März verhandelt die Verdi-Tarifkommission mit der Geschäftsführung unter anderem über die Eingruppierung in den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) und den Nachtzuschlag der 420 nichtärztlichen Beschäftigten, davon 200 im Pflegedienst.
Es gebe zwar inzwischen ein verbessertes Tarifangebot der Arbeitgeberseite. Wesentliche Punkte seien allerdings immer noch nicht erfüllt, kritisiert Ralf Franke, Verdi-Gewerkschaftssekretär für den Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen, gegenüber »nd«.
Verdi fordert eine Entgelterhöhung ab dem 1. März 2020 auf 92 Prozent des TVöD. Der Nachtzuschlag soll auf 20 Prozent des Stundenentgeltes angehoben werden. »2,10 Euro ist viel zu niedrig. Es entspricht nicht der Belastung durch die Nachtarbeit«, sagt Franke. Ein weiterer Punkt ist die Forderung eines Vergabemindestlohns bei Aufträgen, die das kommunale Krankenhaus ausschreibt.
Doch die Fronten sind verhärtet. »Hier wird kein Tarifstreit geführt, es geht um Ideologie«, sagt der Geschäftsführer des Krankenhauses, Till Frohne, zu »nd«. »Wir haben bisher über 1,4 Millionen Euro auf den Tisch gelegt. Verdi sollte endlich die Lage hier vor Ort betrachten«, so Frohne. Seine Forderung: »Der alte Tarifvertrag sollte verantwortungsvoll weiterentwickelt und nicht umgetreten werden.«
Zum 1. Januar 2018 wurde erstmals nach jahrelanger Tariflosigkeit ein Tarifvertrag für die nichtärztliche Belegschaft vereinbart, der zum 29. Februar von Verdi fristgerecht gekündigt wurde. »Wir haben vor über zwei Jahren kein besseres Ergebnis durchsetzen können. Das wollen wir jetzt ändern«, so Franke.
Um zu einer schnellen Lösung zu kommen, fordert die Gewerkschaft, dass sich der Bürgermeister von Eisenhüttenstadt in die Verhandlungen einmischt, schließlich ist die Stadt alleiniger Gesellschafter. »Er sitzt im Grunde genommen indirekt am Verhandlungstisch, aber meint, dass dies nicht so der Fall wäre«, so Franke. Auf »nd«-Anfrage teilt Bürgermeister Frank Balzer (SPD) mit, dass eine Einflussausübung auf den Geschäftsführer, um die Tarifforderung durchzusetzen, ein nicht-rechtskonformer Eingriff nach dem Tarifvertrags- und GmbH-Gesetzes sei.
Um den Druck auf die Arbeitgeberseite zu erhöhen, versammelten sich am Dienstagmittag rund 50 nichtärztliche Beschäftigte zum Warnstreik. »Der Warnstreik ist der allererste seit der Wende«, erklärt der Verdi-Gewerkschaftssekretär. Auch die Betriebsratsvorsitzende Annett Thielicke möchte mit dem Protest den Verdi-Forderungen Nachdruck verleihen. »Wir erhoffen uns davon ein deutliches Signal an den Arbeitgeber, denn wir sind eine GmbH und haben genügend Rücklagen, um den Mitarbeitern auszuzahlen, was gefordert wird.« Sie sei bereit, für die Forderungen zu kämpfen, sagt Thielicke zu »nd«.
Wird keine Einigung erzielt, soll es eine Krisensitzung der Tarifkommission geben. Dort muss beraten werden, ob es weitere und längere Warnstreiks geben soll. »Die Frage steht im Raum. Wir haben erst einmal nur mit einer Stunde angefangen, um ein Zeichen zu setzten«, sagt Franke. Geschäftsführer Till Frohne hofft hingegen, »dass Verdi die Schuldigen nicht weiter in der Geschäftsführung, dem Aufsichtsrat oder dem Rathaus sucht«. Das sei blanker Unsinn.
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